Die Skyline einer Großstadt in der Dämmerung

Darf es noch ein Stück vom Cash-Cycle-Kuchen sein?

Die Verteilung ist in vollem Gange: Immer mehr Zentralbanken übertragen Teile ihrer Aufgaben an Werttransportunternehmen, Geschäftsbanken und andere kommerzielle Player im Bargeldkreislauf. Das Ziel: das Cash-Management effizienter zu gestalten. Doch wie lässt sich das realisieren, ohne die Kontrolle über die Prozesse zu verlieren?

Welche Mehrwerte bieten wir? Was sind unsere Kernaufgaben? Und wie können wir sie möglichst effektiv und kosteneffizient erfüllen? Um seine Leistungsfähigkeit zu optimieren, stellt sich der öffentliche Sektor längst dieselben Fragen wie der private. Die Zentralbanken machen da keine Ausnahme. Gleich mehrere Punkte veranlassen sie dazu, ihre Rolle im Cash-Cycle zu überdenken:  

Vier wichtige Fakten

  • Die Kosten für Cash steigen – allein schon, weil das umlaufende Bargeldvolumen international um etwa fünf Prozent pro Jahr wächst. Hinzu kommt, dass immer leichter zugängliche Reproduktionstechnologien Investitionen in die Fälschungssicherheit und Echtheitsprüfung nötig machen.
  • Gleichzeitig steigen Infrastruktur- und Lohnkosten für das Cash-Management in einigen Ländern der Welt.
  • Mit der Zunahme bargeldloser und mobiler Zahlungsmöglichkeiten steht Bargeld in der öffentlichen Wahrnehmung zudem unter Konkurrenzdruck – auch unter Kostenaspekten. Schließlich wird der Aufwand für eine stabile Bargeldversorgung vom Staat und damit von der Allgemeinheit getragen.
  • Die Rechenschaftspflicht im öffentlichen Sektor macht Anstöße zum Handeln intern und extern deutlich.
NotaTracc Trays mit Geldscheinen werden automatisiert von einer Maschine bearbeitet

Technische und strategische Stellschrauben

Um die Effizienz im Bargeldkreislauf zu steigern und Kosten zu senken, gibt es für Zentralbanken verschiedene Stellschrauben. Die einen Möglichkeiten sind technischer und technologischer Natur: Bei der Banknotenbearbeitung etwa lässt sich mithilfe von intelligenten Automatisierungslösungen die Produktivität durch höheren Durchsatz und weniger manuelle Arbeitsschritte steigern. Der Einsatz von Predictive Maintenance und Remote-Services reduziert Ausfallzeiten auf ein Minimum. Und dank Data Intelligence lassen sich zum Beispiel Sortiereinstellungen bei der Umlauffähigkeitsprüfung optimieren oder Schredderprognosen treffen, um Kapazitäten besser planen zu können.

Die anderen Stellschrauben ergeben sich aus Prozess- und Strategiefragen: Können Arbeitsschritte im Cash-Cycle eingespart werden? Lassen sich nachgelagerte Aufgaben übertragen, um sich auf wesentlichere zu konzentrieren? Und wenn ja, entspricht das den eigenen Werten und Zielen? Die Antworten fallen von Zentralbank zu Zentralbank unterschiedlich aus. Jede hat ihre eigene Philosophie, verfolgt ihren eigenen Stil. Auf der einen Seite findet man den sogenannten kontrollierten Stil. Hier üben die Notenbanken ihre zentrale Rolle im Cash-Cycle bewusst aus und entlasten Geschäftsbanken und Werttransportunternehmen, indem sie dort Systeme zur Bearbeitung großer Volumina überflüssig machen. Am anderen Ende des Spektrums gibt es den „minimalistischen Stil“. Dabei übertragt die Zentralbank alltägliche Aufgaben an kommerzielle Player im Cash-Cycle. Dazwischen existieren zahlreiche weitere Modelle mit unterschiedlichsten Graden der Prozessauslagerung und Kooperation von öffentlichem und privatem Sektor.

Eine Kosten-Risiken-Frage

Eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für das eine und gegen das andere Cash-Management-Modell ist eine individuelle Abwägung der Risiken und Sparpotenziale, die sich daraus ergeben. Vertreter des kontrollierten Stils nutzen insbesondere die oben beschriebenen technologischen Stellschrauben, um Kosten zu senken. Unter anderem setzen sie auf eine regelmäßige Modernisierung ihrer Infrastruktur, auf smarte Automatisierungslösungen und innovative Datenanalyseanwendungen. All ihre angestammten Aufgaben und Funktionen führen sie selbst fort. So bleiben auch alle entsprechenden Risiken intern und damit gut im Blick. Auch die meisten Vertreter des minimalistischen Stils emittieren nach wie vor Banknoten und Münzen, bringen sie erstmals in Umlauf und vernichten sie, wenn sie nicht mehr umlauffähig sind. Aus der alltäglichen Fitness-Sortierung selbst und der Echtheitsprüfung ziehen sie sich allerdings mehr und mehr zurück. Warum diese Arbeit doppelt machen, wenn sie in der Regel schon vom Handel, von Geschäftsbanken und Werttransportunternehmen übernommen wurde? Reicht es nicht, wenn nur Bargeld, das nicht mehr umlauffähig ist, zurück zur Zentralbank gebracht wird? Selbst das Wiederinverkehrbringen von Depositen und Einlagefazilitäten könnten zum Beispiel Werttransportunternehmen direkt übernehmen – ohne den Umweg über die Tresore der Zentralbanken. So lauten die Argumente der Notenbanken, die den minimalistischen Stil verfolgen. Sie übertragen die genannten Aufgaben an den privaten Sektor – mit dem Ziel, das Cash-Management effizienter zu gestalten. Gleichzeitig aber müssen die Zentralbanken sicherstellen, dass dadurch Sicherheits- und Qualitätsstandards erhalten bleiben und Risiken nicht zunehmen. Schließlich sind sie für einen funktionierenden Bargeldkreislauf verantwortlich.

Wie viel Regulierung ist nötig?

Aber wie behalten die Zentralbanken die Kontrolle über Prozesse, die sie selbst nicht mehr umsetzen? „Diese Herausforderung macht strenge, aber faire Regeln und Auflagen unumgänglich, denen die kommerziellen Akteure gerecht werden müssen, die im Cash-Cycle alltägliche Aufgaben für eine Zentralbank übernehmen“, erklärt Barnabás Ferenczi, Head of Sales and Service Europe bei G+D Currency Technology. „Viele Zentralbanken lassen sich bei der Erarbeitung und Umsetzung entsprechender Sicherheitsframeworks von uns beraten. Diese umfassen alle Bereiche – von der Authentifizierung und Fitnessprüfung bis hin zur Wiederinverkehrbringung von Bargeld. Dabei gilt es, in jedem Bereich das richtige Maß an Regulierung zu finden, das die Partner aus dem privaten Sektor nicht unter-, aber auch nicht überfordert.“

Eine Sicherheitskraft trägt einen Aluminiumkoffer aus einem Gebäude heraus

Dafür macht sich auch die Europäische Vereinigung der Werttransportunternehmen ESTA in einem Positionspapier stark. Gleichzeitig fordert sie Bilanzentlastungsmechanismen für die Lagerung von Zentralbankdepositen in eigenen Tresoren. Nur wenn damit Belastungen durch anfallende Zinsen aus dem Weg geräumt sind, würden sich Zentralbankaufgaben kosteneffizient übernehmen lassen. In einem eigenen Positionspapier unterstreicht auch das European Payment Council die Forderung nach Bilanzentlastungsmechanismen, die für alle kommerziellen Akteure gelten sollen, wenn sie sich zu „Special Purpose Entities“ zusammenschließen sollten, um Zentralbankaufgaben gemeinsam wahrzunehmen.

Welches Cash-Cycle-Modell ist das beste?

Manchmal beteiligen sich auch Zentralbanken an solchen Joint Ventures, die dann zu den Zwischenmodellen des Cash-Cycle-Managements gehören. Doch ob mit oder ohne Zentralbankbeteiligung, ESTA hält nicht viel von ihnen. Sie würden bei jedem Partner zu hohen Investitionskosten führen, die sich am Ende nicht auszahlen.

Durch Daten geschaffene Transparenz stärkt den Grundpfeiler eines funktionierenden Geldkreislaufs: das gegenseitige Vertrauen der Akteure.

Barnabás Ferenczi, Head of Sales and Service Europe bei G+D Currency Technology

Barnabás Ferenczi dagegen ist fest davon überzeugt, dass alle Modelle funktionieren können. Der Schlüssel zum Erfolg sei Digitalisierung und Datenanalyse. Geldautomaten seien heutzutage miteinander vernetzt, Banknotenbearbeitungssysteme sammeln bei der Arbeit jede Menge Informationen … In Zeiten des Internets der Dinge seien wir einer Plattform ganz nah, die alle Maschinen, Systeme und Player im Bargeldkreislauf vernetzen und durch die Auswertung von Big Data entscheidende Anhaltspunkte geben könne, um den gesamte Cash-Cycle zu optimieren. „Zudem stärkt durch Daten geschaffene Transparenz den Grundpfeiler eines funktionierenden Geldkreislaufs – das gegenseitige Vertrauen der Akteure.“

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