Mann im Anzug drückt digitale Wartungsknöpfe, die für digitalisierten Service stehen
#Digital Infrastructures

Was digitalisierter Kundenservice in der Bargeldindustrie leisten kann

Expertenmeinung
6 Min.

Da Arbeit im Homeoffice auch nach der Corona-Pandemie Bestandteil der neuen Normalität sein wird, steigt der Bedarf an digitalen Tools und Technologien. Im Kundenservice bieten virtuelle Diagnostik, Online-Portale und Remote-Lösungen zahlreiche Vorteile – von reduzierten Kosten bis hin zu Effizienzsteigerung. Sicherheit wird für alle Branchen ein wesentlicher Aspekt sein. Matthias Gukelberger, Global Vice President und Head of Business Line Service bei G+D im Bereich Currency Technology, erklärt, wie der Einsatz sicherer digitaler Lösungen die unternehmensweiten Abläufe verbessern kann.

Wie definieren Sie Digitalisierung?

Im Service umfasst Digitalisierung den Wechsel von traditionellen zu digitalen Informationskanälen – vom Telefon zum Online-Portal, von papierbasierter zu cloudbasierter Dokumentation, von Vor-Ort- zu Ferndiagnostik und von Ad-hoc- zu Echtzeit-Data Intelligence –, um das Kundenerlebnis zu verbessern und so Unternehmen zukunftsfähig zu machen.

Welche Vorteile bietet dieser Wechsel?

Es gibt vier allgemeine Vorteile, die ich hervorheben möchte: reduzierte Kosten, verbesserte Effizienz, höhere Geschwindigkeit und mehr Sicherheit – auch hinsichtlich Arbeitsschutz. Durch die virtuelle Diagnose werden zum Beispiel kosten- und zeitintensive Besuche vor Ort überflüssig. In Online-Portalen können Kundinnen und Kunden selbst schnell und effizient Service-Tickets erstellen, Ersatzteile bestellen und Fehler mit Online-Anleitungen beheben. Während der Covid-19-Pandemie haben einfach zu bedienende digitale Tools den zusätzlichen Vorteil, dass sie zur Sicherheit der Kunden und G+D-Belegschaft beitragen.

Wie wirkt sich Sicherheit auf die Digitalisierung aus und umgekehrt?

In der Bargeldindustrie gehen Sicherheit und Vertrauen Hand in Hand. Bei G+D scheuen wir keine Mühen unserer Kundschaft eine sichere IT-Infrastruktur zu bieten. Unsere Lösung  G+D Visual Support, mit der unsere Service Teams Maschinenprobleme aus der Ferne diagnostizieren können, entspricht der EU-Datenschutz-Grundverordnung und verfügt über eine Zertifizierung nach SOC Typ II, die Produkte nach Integrität, Vertraulichkeit und Datenschutz einstuft.

Ist die Digitalisierung ein Ersatz oder eine Ergänzung zum persönlichen Kundenservice?

Ich betrachte die Digitalisierung als eine Erweiterung. Es wird immer einen Bedarf nach menschlicher Expertise geben. Was ich jedoch spannend finde, ist das Ausmaß, in dem digitale Kanäle die menschlichen Möglichkeiten erweitern und verbessern können. In den Händen eines erfahrenen Technikteams ersetzt die datengestützte Analyse zum Beispiel Vermutungen und Bauchgefühl, wenn es um die Wartung und Instandhaltung von Banknotenbearbeitungssystemen geht.

“Es wird immer einen Bedarf nach menschlicher Expertise geben, was ich jedoch spannend finde, ist das Ausmaß, in dem digitale Kanäle die menschlichen Möglichkeiten erweitern und verbessern werden“
Matthias Gukelberger
Global Vice President und Head of Business Line Service bei G+D im Bereich Currency Technology

Welchen Einfluss hat Industrie 4.0 auf die Art und Weise, wie der Kundenservice erbracht wird?

Für jedes Unternehmen, das das Kundenerlebnis verbessern möchte, ist ein digitaler Service das „Was“ und Industrie 4.0 das „Wie“. Zum Beispiel wird die vorausschauende Wartung (das „Was“) durch Technologien wie intelligente Sensoren, KI und IIoT (das „Wie“) ermöglicht. Zudem trägt Industrie 4.0 zur Entstehung neuer Servicemodelle bei. Just-in-Time-Service – wenn Wartungsarbeiten durchgeführt und Komponenten ausgetauscht werden, kurz bevor ein Ausfall einer Maschine zu erwarten ist – und verbrauchsbasierte Dienstleistungen – die Echtzeit-Überwachungslösungen nutzen – sind besonders interessante Beispiele.

Machine-as-a-Service ist ein weiterer Trend, von dem wir viel hören. Was können Sie uns darüber in Bezug auf den Kundenservice sagen?

Es handelt sich um ein leasingbasiertes Beschaffungsmodell, bei dem die Hardware bei dem Kunden installiert wird, aber im Besitz eines Dritten ist. Die Kundinnen und Kunden zahlen über ein Service Level Agreement (SLA) für die Nutzung der Hardware und nicht für die Hardware selbst. Das SLA umfasst Elemente des Kundenservices, so dass die Geräte Software-Updates aus der Ferne erhalten. Über digitale Kommunikationskanäle können Probleme gemeldet und mit Hilfe von videogestütztem visuellen Support behoben werden. Das Modell ist beliebt, weil es hilft, die Ausgaben von einem Capex-basierten Modell zu einem flexibleren und planbaren Opex-basierten Modell zu verlagern.

Es ist jedoch wichtig, sich nicht auf eine einzelne Maschine oder ein einzelnes Produkt zu konzentrieren, insbesondere in der Bargeldindustrie …

Das stimmt. Die Kundschaft von morgen wird eher daran interessiert sein, eine ganzheitliche Lösung anzuschaffen, als einzelne Hardware- und Software-Bestandteile. Aus einem einfachen Grund: Sie scheut sich davor, in technisches Know-how, Inventar, Wartung und Upgrade-Kosten zu investieren, nur um dann festzustellen, dass einige Jahre später ein neuer Industriestandard auf den Markt kommt. Um sich auf eine solche Zukunft vorzubereiten, müssen sich Hersteller und Dienstleister auf die End-to-End-Lösungsarchitektur konzentrieren, indem sie definieren, wie sich jedes einzelne Element in ein Gesamtbild fügt, wie Teile eines Puzzles. So können sie genau das bauen, optimieren und verkaufen, was der Kunde erwartet.

Haben digitale Services Ihnen geholfen, verschiedene Kundengruppen und Märkte auf der ganzen Welt besser zu bedienen?

Obwohl G+D in allen wichtigen Märkten rund um den Globus vertreten ist, können wir unsere Kundschaft dank digitaler Services schneller und umfassender als je zuvor unterstützen, vernetzen und betreuen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass alle digitalen Dienste ein gewisses Maß an Vertrauen erfordern. Die Fernwartung eines Cash-Centers beispielsweise erfordert Vertrauen in die Sicherheit, Effizienz und langfristige Produktivität der Technologie – und es muss ein ROI erzielbar sein. Die Berücksichtigung dieser Aspekte hilft bei der Bewältigung technischer Herausforderungen, beispielsweise bei der Umrüstung auf vernetzte Geräte oder der Einrichtung eines zuverlässigen Intra-Netzwerks.

Was sind die größten Herausforderungen für eine stärkere Verbreitung digitaler Technologien im Kundenservice?

Portrait image of Matthias Gukelberger, Head of Business Line Service at G+D
Matthias Gukelberger, Global Vice President und Head of Business Line Service bei G+D, ist überzeugt, dass Unternehmen mit Digitalisierung den Kundenservice erheblich verbessern können

Nach meiner Erfahrung gibt es drei: unrealistische Erwartungen bei begrenztem Budget, mangelndes Fachwissen und Digitalisierung rein um ihrer selbst willen. Oft wird von digitalen Technologien zu früh erwartet, dass sie spektakuläre Ergebnisse liefern. Wenn sie voreilig und unreif auf den Prüfstand gestellt werden und nicht die erhofften Ergebnisse liefern, zerstört dies das Vertrauen der Akteure und erschwert die Finanzierung eines digital-basierten Kundenservices in Zukunft. Zum Teil kann dies auf mangelndes Fachwissen innerhalb einer Organisation zurückgeführt werden. Es kann auch daran liegen, dass sich Unternehmen unter Druck gesetzt fühlen, ein digitales Tool einzuführen, weil ihre Konkurrenten es nutzen oder um einer vorgefassten Meinung zu entsprechen, wie ein modernes Unternehmen arbeiten sollte, um das Kundenerlebnis zu verbessern. Meiner Meinung nach sollte eine Digitalisierungsstrategie erst dann umgesetzt werden, wenn ein Unternehmen die Tools und Technologien, die es einsetzen möchte, richtig validiert hat.

Digitalisierung und Innovation werden oft zusammen diskutiert. In welcher Beziehung stehen sie zueinander?

Ich definiere Digitalisierung als die Transformation und Verbesserung bestehender Geschäftsprozesse durch den Einsatz digitaler Technologien. Wie bereits erwähnt, ist das klassische Beispiel die Umwandlung von analogen Informationen in digitale. Auf der anderen Seite bezieht sich eine Innovation entweder auf die Verbesserung eines bestehenden Produkts oder einer Dienstleistung oder auf die Schaffung eines völlig neuen Produkts bzw. Dienstleistung.

Der „sweet spot“ ist die digitale Innovation, also die Entwicklung von digitalen Produkten, Dienstleistungen und Geschäftsmodellen. Die Verwendung von Sensoren zur Überwachung des Zustands eines Banknotenbearbeitungssystems ist beispielsweise Digitalisierung. Werden die Daten aus dem Überwachungsprozess jedoch zur Erstellung eines neuen Produkts oder einer Dienstleistung genutzt, sprechen wir von digitaler Innovation.

Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten kommenden Trends der Digitalisierung?

Meiner Meinung nach können einige Technologien, die heute noch surreal erscheinen, morgen schon die Norm sein. Nicht-kreative, wissensbasierte, hochpräzise und sich wiederholende Aufgaben werden durch programmierbare Roboter ersetzt. Dadurch können Menschen kreativere, wertschöpfende Aufgaben übernehmen. Sobald Cloud Computing und Cloud-Speicherlösungen lokalen Rechnern in Preis und Leistung überlegen sind – insbesondere hinsichtlich Geschwindigkeit, Skalierbarkeit und Verfügbarkeit – werden physische Desktop-PCs obsolet. Bei der additiven Fertigung – dem 3D-Druck – werden Ersatzteile direkt am Einsatzort produziert und nicht mehr von einer Fabrik in ein anderes Land verschickt. Und schließlich können Maschinen-Operatoren und Servicetechniker mit Virtual-Reality-Lösungen auf neue Systeme und Funktionen geschult werden, ohne zu reisen und sogar ohne ein Produkt vor sich zu haben.

Veröffentlicht: 11.03.2021

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