Mann benutzt Smartphone und Laptop, um sich über digitale Login-Formulare und Sicherheitsabfragen anzumelden.
#Identity Technology

Digitale IDs: was für ihre Einführung nötig ist

Technische Innovation
7 Min.

Digitale Identitätsnachweise versprechen eine bequemere und sicherere Verifikationsmethode für Einzelpersonen, Unternehmen und Behörden – doch bis zur allgemeinen Akzeptanz wird es noch einige Zeit dauern.

Mobilität in allen Lebenslagen, schnell, intuitiv und einfach in der Anwendung – das ist es, was Verbraucherinnen und Verbraucher heute erwarten. Unternehmen, die dafür keine Lösungen haben, laufen Gefahr, von ihren Mitbewerbern abgehängt zu werden. Diese Erwartungshaltung gilt auch für Behörden und staatliche Dienststellen sowie für die Digitalisierung von deren wichtigen Serviceleistungen. Sie spielt eine Schlüsselrolle, um den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden und Inklusion und Barrierefreiheit zu fördern.

Für den Zugang zu E-Government-Diensten ist die sichere Identitätsprüfung eine wichtige Voraussetzung. Bisher verlassen sich die Bürgerinnen und Bürger auf Methoden wie NFC-fähige elektronische Ausweise oder andere Lösungen, die an physische Dokumente gebunden sind. Es liegt jedoch nahe, dass für digitale Dienste auch eine digitale Verifizierungsmethode zur Verfügung stehen sollte.

Hier kommen digitale Identitäten ins Spiel. Digitale IDs sind sichere, vom Staat ausgestellte Ausweise, die es der/dem Einzelnen ermöglichen, ihre/seine Identität online oder persönlich nachzuweisen, ohne auf herkömmliche physische Dokumente zurückgreifen zu müssen. Digitale Identitäten sind jedoch nicht auf Behördendienste beschränkt, sondern eröffnen vielfältige Möglichkeiten der nahtlosen Identitätsüberprüfung in nahezu allen Bereichen des täglichen Lebens.

„Digitale und mobile Identitäten sind eine Win-win-Situation für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen“, sagt Nick Larter, Senior Solutions Manager bei Veridos. „Im Alltag ist man weniger abhängig von physischen Dokumenten, was viele Situationen komfortabler macht – und das Ganze, ohne Kompromisse bei Sicherheit und Datenschutz eingehen zu müssen. Für Unternehmen bieten sie zahllose Möglichkeiten, Prozesse zu optimieren.“

Was für digitale IDs spricht

Wie einfach und reibungslos das Leben laufen könnte, wenn alles digital funktionieren würde, zeigt sich am Beispiel einer Dienstreise: Stellen Sie sich vor, Sie buchen Flug und Hotelzimmer online mit einem vertrauenswürdigen digitalen Ausweis und checken über eine mobile App ein. Die Fahrt zum Flughafen erfolgt über eine Taxi- oder Carsharing-App. Dort angekommen, geben Sie Ihr Gepäck an der automatischen Gepäckaufgabe ab und gehen direkt zur Sicherheitskontrolle. Bisher war es nicht einmal nötig, ein physisches Dokument vorzulegen. Der gesamte Ablauf gestaltete sich komplett automatisiert, wovon auch Fluggesellschaften, Hotellerie und Transportunternehmen profitieren. Die einzige Interaktion mit einer anderen Person bestand in einem freundlichen Wortwechsel mit dem Fahrer, der Sie zum Flughafen gebracht hat.

Und es geht noch weiter: Nach der Sicherheitskontrolle geht es durch eine biometrisch gesicherte Tür in die Flughafenlounge, wo Sie sich vor dem Abflug noch einmal entspannen. Das Boarding erfolgt durch einen kurzen Scan der mobilen Bordkarte und schon nehmen Sie Platz, um während des Fluges noch ein paar Stunden zu arbeiten. Am Zielort holen Sie Ihren Koffer vom Gepäckband und fahren mit dem mobil gebuchten Fahrdienst zum Hotel. Die Hotel-App weist Sie darauf hin, dass Ihr Smartphone auch als Zimmerschlüssel dient – Reisen könnte so einfach sein!

Doch es gibt noch eine Hürde. Der Zimmerschlüssel auf dem Smartphone funktioniert nur, wenn die gesetzlichen „Know Your Customer“-Anforderungen (KYC) erfüllt sind. Da das Hotel nicht in der Lage ist, digitale Ausweisdokumente zu überprüfen, müssen Sie sich am Check-in-Schalter des Hotels anstellen, um einen physischen oder mobilen Ausweis vorzulegen. Verlorene Zeit, in der Sie sich auf ein wichtiges Meeting vorbereiten oder in Ihrem Zimmer ausruhen könnten. Auch das Hotelpersonal könnte sich in diesem Zeitraum um andere wichtige Dinge kümmern.

Hier liegt die Herausforderung für die Akteure des Sektors: Digitale Ausweise bieten zwar eine ideale Lösung, um Prozesse flüssiger zu gestalten, ihr Nutzen wird aber nur dann zum Tragen kommen, wenn sie sowohl von Bürgerinnen und Bürgern als auch von Unternehmen akzeptiert und genutzt werden.

Person scannt ihr Gesicht an einem Tablet für die Gesichtserkennung, um sich zu authentifizieren.

Die kritische Größe überschreiten

Die allgemeine Akzeptanz wird sich nicht von heute auf morgen einstellen, aber der Grundstein dafür ist gelegt. Mit der Veröffentlichung der ISO-Norm 18013-5 im Jahr 2021 wurde der Weg für die sichere Speicherung digitaler Ausweise (z. B. Führerscheine) auf Smartphones geebnet, um sie zur persönlichen Identitätsüberprüfung zu nutzen. Die Einführung der Technologie verlief jedoch schleppend. Das ist zum Teil auf Einschränkungen der Infrastruktur und die schrittweise globale Einführung neuer Standards zurückzuführen, aber auch darauf, dass es einfach seine Zeit braucht, bis sich die Menschen und die Gesellschaft an die Nutzung neuer Techniken gewöhnen. Außerdem zögern viele Unternehmen, in die erforderliche Infrastruktur zu investieren, solange es keine große Nutzerbasis gibt. Und die Verbraucherinnen und Verbraucher sind wiederum nach wie vor skeptisch, was den Umgang mit ihren Daten betrifft.

“Digitale und mobile Identitäten sind eine Win-win-Situation für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen.“
Nick Larter
Senior Solutions Manager, Veridos

Dies wird sich voraussichtlich ab 2025 ändern. Die bevorstehende Veröffentlichung von ISO 18013-7, die einen neuen Standard für die digitale Fernverifizierung festlegt, wird die Einführung beschleunigen. „Alle haben auf diese Spezifikation gewartet“, sagt Nick Larter. „Was die Akzeptanz betrifft, wird sie den Stein ins Rollen bringen. Sie wird als Katalysator für Innovationen wirken und dafür sorgen, dass die Implementierung der Infrastruktur für die Unternehmen kostengünstiger wird.“

Neue Spezifikationen allein werden nicht ausreichen. Das Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer in neue Technologien – insbesondere, wenn dabei sensible Daten im Spiel sind – braucht Zeit. Digitale Ausweise werden physische Ausweisdokumente daher eher ergänzen als ersetzen. Der herkömmliche Reisepass oder Personalausweis wird immer eine Option bleiben. So wie es nach wie vor Bargeld gibt, mit Karten bezahlt werden kann und nach wie vor gedruckte Bordkarten oder Konzerttickets ihre Gültigkeit haben. Es geht vielmehr darum, Komfort und Wahlmöglichkeiten zu bieten.

Ein weiterer wichtiger Faktor für die Akzeptanz sind Investitionen in die Infrastruktur. Denn digitale Ausweise sind nur so nützlich wie die Systeme, mit denen sie überprüft werden können. Hier steht die Branche vor dem bekannten „Henne-Ei-Dilemma“: Ohne ein umfangreiches, leicht zugängliches Angebot wird die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer nur langsam wachsen. Und ohne eine breite Nutzerbasis werden Unternehmen zögern, in die notwendige Infrastruktur zu investieren und ein entsprechendes Angebot bereitzustellen.

Es liegt daher in der Verantwortung der staatlichen Verwaltungen, dafür zu sorgen, dass die Akzeptanz und damit die Nutzerzahlen ansteigen – denn sie sind es, die die digitalen Ausweise ausstellen. Wenn sich die Bürgerinnen und Bürger erst einmal daran gewöhnt haben, sich bei der Steuererklärung, der Ummeldung des Wohnsitzes oder der Verlängerung des Führerscheins digital zu verifizieren, werden sie dies auch ohne Weiteres bei alltäglichen Interaktionen wie Bankgeschäften oder dem Einchecken im Hotel tun.

Weltweit gibt es zahlreiche Initiativen, um diese Entwicklung zu beschleunigen. So untersucht beispielsweise das Tripartite Transport and Transit Facilitation Programme (TTTFP) die Einführung digitaler Führerscheine und Personalausweise, um den Grenzübertritt in der Region Ost- und Südafrika zu erleichtern. Durch die digitalen Ausweise können bürokratische Engpässe beseitigt und Verzögerungen an den Grenzen reduziert werden. Dies wiederum kann das Wachstum innerhalb des Wirtschaftsraums ankurbeln, indem es den Transport von Waren und das Reisen zwischen Nachbarländern erleichtert.

In Europa schreibt die im Mai 2024 in Kraft getretene EU-Verordnung über den Rahmen für die digitale Identität vor, dass alle Mitgliedstaaten ihren Bürgerinnen und Bürgern bis 2026 mindestens eine Form einer digitalen Identity Wallet anbieten müssen1. In Vorbereitung auf dieses Datum laufen Pilotprogramme, in denen eine Vielzahl von realen Anwendungsfällen2 für diese digitalen Wallets getestet werden.

Diese Zusammenarbeit ist ein weiterer entscheidender Faktor für eine flächendeckende Einführung. Staatliche Institutionen schaffen die Grundlagen und Anreize und der Privatsektor wird ermutigt, attraktive Anwendungsfälle zu schaffen, die den Nutzen mobiler IDs im Alltag demonstrieren. Beide müssen zusammenarbeiten, um die erforderliche kritische Größe zu erreichen.

„Es geht darum, eine symbiotische Beziehung zu schaffen“, sagt Michael Edwards, Director Business Development & Technical Sales eGovernment, Veridos. „Je mehr Nutzerinnen und Nutzer durch die Behörden an Bord geholt werden, desto größer wird der Anreiz für den privaten Sektor, Authentifizierungsprozesse zu digitalisieren und eine sichere digitale Verifizierung zu ermöglichen. Dies wiederum wird noch mehr Nutzerinnen und Nutzer anziehen und dazu beitragen, dass mit der Zeit eine ausreichende Anzahl erreicht wird.“

Eine Person hält ein Smartphone, auf dem ein Bildschirm mit der Aufschrift 'Genehmigungsanfrage' angezeigt wird. Es gibt Optionen zur Auswahl persönlicher Informationen, die geteilt werden sollen.

Warum Unternehmen digitale IDs nutzen sollten

Für Bürgerinnen und Bürger haben digitale IDs zahlreiche Vorteile: Ob beim Einchecken im Hotel oder bei der Beantragung eines Online-Kredits – digitale Identitätsnachweise bieten den Komfort einer reibungslosen Identitätsprüfung bei gleichzeitig höherem Datenschutz. Die Nutzerinnen und Nutzer behalten die volle Kontrolle über ihre Daten und geben nur das weiter, was für die jeweilige Identifikationstransaktion erforderlich ist – eine weitaus sicherere und bequemere Alternative zur Übermittlung eines vollständigen Dokuments.

“Je mehr Nutzerinnen und Nutzer durch die Behörden an Bord geholt werden, desto größer wird der Anreiz für den privaten Sektor, Authentifizierungsprozesse zu digitalisieren und eine sichere digitale Verifizierung zu ermöglichen. Dies wiederum wird noch mehr Nutzerinnen und Nutzer anziehen und dazu beitragen, dass mit der Zeit eine ausreichende Anzahl erreicht wird.“
Michael Edwards
Director Business Development & Technical Sales eGovernment, Veridos

Auch für Unternehmen gibt es Anreize, digitale Ausweise zu akzeptieren – auch solche, die über die bloße Einhaltung von Vorschriften hinausgehen. Große Unternehmen wie Hotelketten oder Autovermietungen könnten die Zeit einsparen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bisher für die Überprüfung physischer Dokumente aufwenden müssen. Auf ein Jahr hochgerechnet, ließen sich damit die Kosten erheblich senken und die Effizienz steigern.

Ein nahtloseres, komfortableres Kundenerlebnis wäre die Folge, was in Verbindung mit den Vorteilen des Datenschutzes zu einer höheren Kundenzufriedenheit und letztlich zu einer stärkeren Kundenbindung führen kann.

Wer nach der Veröffentlichung von ISO 18013-7 im Jahr 2025 schnell handelt, kann vom First-Mover-Vorteil profitieren und sich so einen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern verschaffen. Bequemlichkeit und Auswahlmöglichkeiten sind schließlich ein attraktives Angebot für die Kundinnen und Kunden.

Um allerdings die erforderliche kritische Größe zu erreichen, sind koordinierte Anstrengungen des öffentlichen und des privaten Sektors erforderlich. Die Einführung mobiler IDs muss auch mit neuen Technologien wie Self-Sovereign Identity (SSI) und überprüfbaren Berechtigungsnachweisen einhergehen, die den Nutzerinnen und Nutzern mehr Kontrolle über ihre persönlichen Daten geben und das Vertrauen in digitale Identitäten stärken.

Dieser Übergang kann eine Herausforderung darstellen, insbesondere angesichts der sich ständig weiterentwickelnden Sicherheitstechnologien. Als führender und vertrauenswürdiger Anbieter von Identitätslösungen ist Veridos gut positioniert, um Behörden und Organisationen auf diesem Weg zu unterstützen und dabei zu helfen, dass sowohl die Sicherheit als auch die Benutzerfreundlichkeit Vorrang haben.

Key Takeaways

  1. Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten von Unternehmen und Behörden immer häufiger, dass sie für alltägliche Dienstleistungen digitale Optionen anbieten.
  2. Digitale Identitäten bieten sichere und bequeme Alternativen zu physischen Dokumenten, vereinfachen Verifizierungsprozesse und verbessern gleichzeitig den Datenschutz und die Kontrolle durch die Nutzerinnen und Nutzer.
  3. Die allgemeine Einführung digitaler IDs erfordert koordinierte Anstrengungen von Behörden und Privatwirtschaft, um die erforderliche Infrastruktur aufzubauen und Anwendungsfälle zu etablieren.
  1. The EU Digital Identity Framework Regulation Enters into Force, European Commission, 2024

  2. The many use cases of EU Digital Identity Wallets, European Commission, 2024

Veröffentlicht: 10.12.2024

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