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Digitales Zentralbankgeld: So werden Zahlungen programmierbar

Globale Trends
6 Min.

Die Programmierbarkeit von digitalen Zahlungen ist aktuell ein großes Thema. Wir beleuchten, wie digitales Zentralbankgeld diese Funktionalität universell verfügbar machen könnte – ohne die Leistungsfähigkeit einzuschränken oder einen Vertrauensverlust in die Währung zu riskieren. Und welche Rolle spielen dabei Smart Wallets?

In wenigen Jahren wird digitales Zentralbankgeld (CBDC, Central Bank Digital Currency) für Millionen von Menschen in Dutzenden Ländern der Welt vermutlich zum Alltag gehören.

Bis Anfang 2023 haben 114 Länder und Währungsunionen, die 95 % des globalen BIP repräsentieren, das Potenzial einer digitalen Zentralbankwährung untersucht oder diese bereits implementiert.1 Mittlerweile geht es weniger um die Erprobung und Auslotung als um die Definition verschiedenster Anwendungsfälle für CBDCs, die für Unternehmen, die Gesellschaft und Privatpersonen von Nutzen sein könnten.

Der Einsatz von digitalem Zentralbankgeld wird unterschiedliche Ausprägungen haben, da jedes Land andere Prioritäten und Ziele verfolgt. Einige Länder wollen mit der Einführung von digitalem Bargeld vor allem sicherstellen, dass das Fiatgeld im digitalen Zeitalter weiterhin für Stabilität sorgt, besonders vor dem Hintergrund privat ausgegebener digitaler Währungen wie Kryptowährungen und Stablecoins.

Andere sehen die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung als einen Weg, finanzielle Inklusion zu fördern und dem einzelnen die Teilhabe an der digitalen Wirtschaft zu erleichtern. Effizientere Abwicklung von Zahlungen und geringere Transaktionskosten sind weitere Argumente für CBDCs.

Und es gibt noch eine Funktion, die für digitales Zentralbankgeld spricht: die Programmierbarkeit.

Die Vorteile der Programmierbarkeit

Mit digitalem Geld lässt sich Transaktionen eine Logik hinzufügen in Form von programmierbaren Zahlungen oder Smart Contracts, sodass Zahlungen automatisch erfolgen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Dies bringt viele Vorteile mit sich, auch wenn das Konzept nicht komplett neu ist. Einfache programmierbare Zahlungen wie Daueraufträge oder Lastschriften gibt es schon lange. Auslöser für diese Zahlungen sind einfache Transaktionsereignisse oder festgelegte Grenzwerte. Wenn nun jedoch komplexe vorprogrammierte Regeln automatisch auf Zahlungen angewendet werden können – die zudem über alle Arten von mit dem Netzwerk verbundenen Geräten hinweg interoperabel erfolgen können –, eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten.

Aus diesem Grund rücken programmierbare Zahlungen auch immer mehr in den Vordergrund. Der globale Markt für Smart Contracts wächst voraussichtlich von 315,1 Mio. USD im Jahr 2002 auf 1,46 Mrd. USD im Jahr 2029.2 Ein Treiber dieser Entwicklung sind Machine-to-Machine-Payments (M2M). In der Zukunft werden wahrscheinlich auch CBDC-Wallets eine große Rolle bei automatisierten Zahlungen spielen.

Die möglichen Anwendungsszenarien programmierbarer Zahlungen werden gerade erst definiert. Im November 2022 bat die Europäische Zentralbank (EZB) beispielsweise Expertinnen und Experten aus dem Banken- und Zahlungsverkehrssektor, Möglichkeiten für programmierbare Zahlungen zu prüfen, die mit dem digitalen Euro genutzt werden könnten. Dabei standen vor allem folgende Fragen im Vordergrund: Welche Anwendungsfälle kommen für programmierbare Zahlungen infrage? Welche Standards wären erforderlich, um Interoperabilität zu gewährleisten? Welche Art von Backend-IT-Architektur wäre dafür notwendig?3 Die EZB ist dabei nicht allein, da auch andere Zentral- und Geschäftsbanken sowie Finanzdienstleister die Herausforderungen und Möglichkeiten erforschen, die sich durch die Programmierbarkeit auf allen Ebenen ergeben.

Aber zunächst gilt es, die Terminologie zu klären. Der Begriff programmierbare Zahlungen wird oft fälschlicherweise mit dem des programmierbaren Geldes gleichgesetzt, welcher für eine weit weniger wünschenswerte Option steht. Programmierbares Geld ist meist mit Einschränkungen verbunden, so kann beispielsweise ein Ablaufdatum oder die ausschließliche Nutzung für bestimmte Waren festgelegt werden. In einem solchen Fall wären 10 Euro in digitaler Währung nicht gleichgesetzt mit 10 Euro in bar. Die digitale Version könnte mit dem Risiko programmiert werden, dass sie ihren Nennwert nicht behält. So programmierbares Geld könnte das Vertrauen in das digitale Zentralbankgeld untergraben. Programmierbare Zahlungen hingegen bringen eine Vielzahl von Vorteilen für Unternehmen, die Gesellschaft und Einzelpersonen mit sich.

Digitales Zentralbankgeld, Programmierbarkeit und digitale Geldbörsen

Wenn also die Programmierbarkeit auf der Zahlungsebene verbleiben soll, wo sollte dann die mit der Zahlung verbundene Logik ausgelöst werden? Ein zentrales Element, um Vertrauen in CBDCs mit Zahlungsfunktionalität zu vereinen, wird die Bereitstellung digitaler Geldbörsen sein. In diesen Smart Wallets könnte von der Zentralbank ausgegebenes digitales Bargeld in Form von Token sicher gespeichert werden. Sie könnten aber auch um zahlreiche intelligente Funktionen erweitert werden, einschließlich der Möglichkeit, die Bedingungen auszuführen, die Zahlungen auslösen.

Damit sichergestellt ist, dass möglichst viele Menschen sie nutzen können, würden solche digitalen Geldbörsen nicht nur auf Smartphones zu finden sein, sondern beispielsweise auch in mobilen Apps, Smartcards, Wearables oder IoT-Geräten (mit unterschiedlichem Grad an Programmierbarkeit).

Ein Plus an Service und Verbraucherschutz

Über Smart Wallets könnten auf verschiedenen Ebenen spezifische Regeln und Richtlinien entsprechend den Bedürfnissen von Einrichtungen, Unternehmen und Privatpersonen festgelegt werden. Beispiele hierfür wären:

  • Die Zentralbanken könnten geldpolitische Regeln festlegen, die für alle digitalen Geldbörsen gelten und nicht geändert werden können. Das kann zum Beispiel ein Maximalbetrag für CBDC sein, der in einer einzelnen Geldbörse gehalten werden darf, um Geldwäsche zu verhindern.
  • Banken, Finanzdienstleister oder Unternehmen könnten im Auftrag Ihrer Kundinnen und Kunden Wallets mit bestimmten Bedingungen verknüpfen, z. B. eine digitale Geldbörse, die ausschließlich von den Beschäftigten eines bestimmten Unternehmens für den Kauf gesunder Lebensmittel verwendet werden darf.
  • Die Konfiguration digitaler Geldbörsen könnte Regeln umfassen, die von den Nutzerinnen und Nutzern selbst festgelegt werden, z. B. wöchentliche Ausgabenlimits oder die Beschränkung der Nutzung einer Geldbörse auf Familienmitglieder.
Mutter und Tochter auf dem Sofa mit einem Mobiltelefon, auf dem eine Smart Wallet geöffnet ist

Die Bandbreite möglicher Anwendungen von programmierbaren Funktionen digitaler Währungen ist nur durch unsere Vorstellungskraft begrenzt:

  • Direkte Zahlungen von staatlichen Stellen an Personen: Programmierbare Funktionen könnten genutzt werden, um Bürgerinnen und Bürger mit verschiedenen staatlichen Leistungen dediziert zu unterstützen, z. B. um Heizkostenzuschüsse zu zahlen oder einen Anspruch auf Kinderbetreuung geltend zu machen.
  • Umsetzung nationaler Politik: CBDC Smart Wallets könnten auch dazu beitragen, Maßnahmen zur Förderung von Nachhaltigkeitszielen umzusetzen, z. B. durch die Erstellung einer „grünen“ Geldbörse, die Verbraucherinnen und Verbraucher zum Kauf umweltfreundlicher Produkte und Dienstleistungen anregt.
  • Intelligente Geldbörsen in Fahrzeugen: Ein intelligentes Elektroauto, das mit einer eigenen programmierbaren Geldbörse ausgestattet ist, könnte automatisch an einer Ladestation bezahlen. Dazu könnte es das beste Angebot suchen, den Preis aushandeln und die Zahlung auf alle Beteiligten (den Anbieter der Ladestation, das Energieunternehmen, den Fahrzeughersteller usw.) aufteilen – ganz ohne menschliches Zutun.
  • Maschinen, die ihre Bestände eigenständig auffüllen: IoT-fähige Maschinen könnten so eingerichtet werden, dass sie ihre eigenen Teile und Materialien bestellen und bezahlen, wenn Sensoren auf knappe Lagerbestände hinweisen. In einem Haushalt könnte ein mit einer Smart Wallet ausgestatteter Kühlschrank automatisch regelmäßig benötigte Produkte bestellen, bezahlen und deren Lieferung veranlassen, wenn diese zur Neige gehen.
  • Pay-per-use-Zahlungen: Privatpersonen und Unternehmen könnten programmierbare Funktionen nutzen, um für Dienstleistungen zu bezahlen, wenn sie diese in Anspruch nehmen, statt Vorauszahlungen zu leisten.
  • Personalisierte Geldbörsen: Eltern könnten Geldbörsen für ihre Kinder einrichten und festlegen, wofür sie dieses Geld ausgeben bzw. nicht ausgeben dürfen, und so beispielsweise den Kauf von Zigaretten oder Alkohol verhindern.
  • Kundenbindung: Händler könnten mit speziellen digitalen Geldbörsen Kundenbindungsprogramme auf der Grundlage der digitalen Zentralbankwährung einführen, sodass beispielsweise mit einer speziellen Händler-Wallet nur Einkäufe in bestimmten Geschäften möglich sind, für die dann ein Cashback direkt in die Wallet gezahlt wird.

Dies ist nur ein Ausblick auf die vielen möglichen Anwendungsszenarien. Sie zeigen jedoch das Potenzial von CBDC-fähigen programmierbaren Zahlungen und Smart Wallets, um neue Geschäftsmodelle, Anwendungen und Dienstleistungen zu entwickeln. Gut konzipiertes digitales Zentralbankgeld kann den Weg für Innovationen durch Veränderungen im Zahlungsverkehr ebnen und gleichzeitig das Vertrauen der Öffentlichkeit in Fiatgeld stärken.

  1. CBDC tracker, Atlantic Council

  2. Global smart contracts market report, QY Research, 2023

  3. Call for interest: technical talks on programmable digital euro payments, ECB, 2022

Veröffentlicht: 09.03.2023

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