Ein leuchtender Bildschirm spiegelt sich in der Brille eines Mannes wider
#Digital Currency Ecosystem

Wie lassen sich Auswirkungen von digitalem Zentralbankgeld vorhersagen?

Insights
6 Min.

Rund um den Globus machen Zentralbanken Tempo in Bezug auf die Einführung von digitalen Währungen (CBDC). Was genau bedeutet das für die Wirtschaft und das Finanzsystem? Eine Antwort auf diese Frage zu finden, ist jedoch alles andere als einfach.

Das Rennen um die Einführung von digitalen Zentralbankwährungen (CBDCs) hat begonnen. 86 % der Zentralbanken untersuchen die Möglichkeiten, eine digitale Zentralbankwährung auszugeben. Manche davon befinden sich sogar schon in der Entwicklungs- oder Pilotphase.1 Warum arbeiten Zentralbanken so eifrig an der Einführung einer Digitalwährung? Die Gründe dafür reichen von Finanzstabilität bis hin zur Förderung der finanziellen Inklusion mit dem Ziel das Wirtschaftswachstum zu stärken. Bevor digitales Zentralbankgeld jedoch Wirklichkeit werden kann, müssen Zentralbanken zunächst die Auswirkungen auf das Finanz- und Wirtschaftssystem abwägen. Doch diese zu modellieren, ist keine Kleinigkeit. Das britische Deep-Tech-Start-up FNA (Financial Network Analytics) ist ein Experte in den Bereichen erweiterte Netzwerkanalysen und Simulationen für Finanzsysteme. Die kürzlich getätigte Investition von G+D in FNA ist Teil einer strategischen Finanzierungsrunde, mit der die bestehende Partnerschaft für die Entwicklung und die Einführung einer CBDC-Simulationslösung vertieft wurde.

Offene Fragen zum Thema CBDC

Die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung wirft viele Fragen auf: von der technischen Umsetzung bis hin zur Gestaltung der Währung. Dringende Fragestellungen sind unter anderem:

  • Welche Technologie soll die Grundlage für die digitale Zentralbankwährung bilden? Was eignet sich besser: eine zentrale Datenbank oder die Distributed-Ledger-Technologie?
  • Wird die digitale Währung nur an Intermediäre wie Geschäftsbanken oder auch direkt an Konsumentinnen und Konsumenten ausgegeben?
  • Kann die digitale Währung anonym gehalten werden? Können Personen mit einem Wohnsitz im Ausland und internationale Finanzinstitute die digitale Währung nutzen?
  • Wie werden Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Unternehmen das digitale Zentralbankgeld annehmen und verwenden?

Die Antworten auf diese Fragen werden einen erheblichen Einfluss auf die Finanzstabilität und die Wirtschaft in der realen Welt haben. Keine große Überraschung also, dass die technische Umsetzung einer neuen, offiziellen Digitalwährung in der Fachliteratur viel diskutiert wurde. Expertenteams und Zentralbanken haben sich insbesondere mit Sicherheitsthemen, dem Einfluss auf Zahlungssysteme und regulatorischen Aspekten auseinandergesetzt.

In seinem Forschungsbericht mit dem Titel „Agent-Based Simulation of CBDCs“ befasst sich FNA damit, wie sich eine Vielzahl von Fragen im Hinblick auf CBDCs durch ein Simulationsmodell beantworten lässt, das die verschiedenen Akteure – Verbraucherinnen und Verbraucher, Händlerinnen und Händler, Geschäfts- und Zentralbanken – berücksichtigt:

  • Welche Auswirkungen wird die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung auf das Finanz- und Wirtschaftssystem haben?
  • Können CBDCs konfiguriert werden, ohne den Bankensektor negativ zu beeinträchtigen? 
  • Werden Kartenaussteller einen erheblichen Rückgang ihrer Transaktionsumsätze verzeichnen?
Infografik Ansicht CBDC
Eine cloud- und agentenbasierte CBDC-Simulation, die mit dem Simulator von FNA erstellt wurde. Bei der agentenbasierten Modellierung wird ein System als eine Sammlung von autonomen Entscheidungseinheiten, die als Agenten bezeichnet werden, modelliert.

Wie genau das digitale Zentralbankgeld in Umlauf gebracht werden soll, wird ebenfalls viel diskutiert. An einer direkten Interaktion mit Verbraucherinnen und Verbrauchern sind schließlich nur die wenigsten Zentralbanken interessiert. Im Gegensatz zu Kryptowährungen haben digitale Zentralbankwährungen das Potenzial, die Geschäftsmodelle von Geschäftsbanken, Zahlungsanbietern und Akteuren am Forex-Markt zu verändern, mit weitreichenden Auswirkungen auf den Finanzsektor. Können eine digitale Zentralbankwährung und Bargeld koexistieren? Welche Folgen wird dies haben? Bevor sie eine digitale Währung einführen, müssen Zentralbanken die Antworten auf all diese Fragen kennen, um ihrer Kernaufgabe nachzukommen: der Wahrung der Finanzstabilität.  

Wie die Öffentlichkeit auf eine neue digitale Währung reagieren wird, wird hingegen nur selten in den Forschungsarbeiten angesprochen. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht von G+D in Zusammenarbeit mit dem OMFIF Digital Monetary Institute hat aufgezeigt, dass das Verständnis und die Einstellung von Verbraucherinnen und Verbrauchern im Hinblick auf digitale Zentralbankwährungen von Land zu Land stark variieren. Gerade in Schwellenländern wird nicht nur das Potenzial einer digitalen Zentralbankwährung positiver eingeschätzt als in entwickelten Märkten, sondern hier ist auch die Wahrscheinlichkeit höher, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sie für Zahlungen nutzen werden.

Das Vertrauen der Öffentlichkeit wird ebenfalls großen Einfluss auf die Akzeptanz von CBDCs haben und ist ein weiterer Faktor, den es bei der Analyse der Auswirkungen zu berücksichtigen gilt.

Welche Auswirkungen wird die Einführung einer digitalen Währung haben?

Bei der Entscheidung, ob eine digitale Zentralbankwährung eingeführt werden soll, zielte die Forschung in erster Linie auf eine sehr enge Fragestellung ab, nämlich inwiefern sich eine digitale Zentralbankwährung auf Zahlungssysteme auswirken wird. Dabei wird die wohl wichtigste Frage oft vernachlässigt: Was sind die Auswirkungen einer CBDC auf das Wirtschaftswachstum eines Landes oder einer Währungszone?

Dies liegt insbesondere daran, dass sich diese Frage nicht so leicht beantworten lässt, weil mehrere Dimensionen untersucht werden müssen. Man müsste nicht nur modellieren, wie eine ganze Volkswirtschaft derzeit funktioniert, sondern auch, wie sich eine Digitalwährung unter verschiedenen Gestaltungskriterien darauf auswirken würde. Bisher wurden diese Fragen eher aus einer makroökonomischen Perspektive betrachtet und mittels einer Top-Level-Modellierung dargestellt. Schätzungen zufolge würde das BIP Großbritanniens zum Beispiel um zusätzliche 3 % steigen, basierend auf der Wachstumsdividende aus niedrigeren Zinssätzen und niedrigeren Steuern.2

Die makroökonomische Perspektive ist durchaus vielsagend. Jedoch sollte sie möglichst in Kombination mit Modellen verwendet werden, die die Verhaltensweisen der verschiedenen Akteure (Verbraucherinnen und Verbraucher, Händlerinnen und Händler, Geschäfts- und Zentralbanken) berücksichtigen. Die Finanzkrise von 2008 hat uns vor Augen geführt, welche Konsequenzen es hat, wenn Verhaltensweisen der verschiedenen Akteure nicht in die Modellierung mit einfließen. Die Finanzkrise kam teilweise deshalb unerwartet, weil diese Verhaltensweisen bei Planungsannahmen nicht berücksichtigt wurden.

Im Hinblick auf die Gestaltungskriterien für eine digitale Zentralbankwährung ist es unerlässlich, dass die Verhaltensweisen verschiedener Akteure berücksichtigt werden. Es ist daher wichtig, dass Entscheidungsträgerinnen und -träger Zugang zu einem Tool wie dem CBDC-Simulator von FNA haben, mit dem sie darstellen können, welche Auswirkungen eine digitale Währung auf die verschiedenen Akteure unter Berücksichtigung verschiedener Gestaltungskriterien hat. Im Gegensatz zu einer oberflächlichen Top-Level-Ansicht können sie so die Auswirkungen auf Geschäftsbanken und andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Zahlungssystems im Detail betrachten.

Es ist der Mühe wert

Die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung bietet eine einmalige Gelegenheit, die Zahlungslandschaft neu zu gestalten. Umso wichtiger ist es also, dass die Auswirkungen verschiedener Gestaltungsoptionen richtig modelliert werden. Zentralbanken und anderen Akteuren des Finanzsystems muss klar sein, wie sich eine CBDC auf Finanzdienstleistungen, digitale Zahlungen, auf die finanzielle Stabilität und das Wirtschaftswachstum allgemein auswirken wird.

Es ist von größter Bedeutung, dass die Auswirkungen unter Berücksichtigungen aller Faktoren und Akteure analysiert werden. Dies zu modellieren, ist sicherlich eine anspruchsvolle Aufgabe – mit den richtigen Tools wie dem CBDC-Simulator von FNA aber möglich.

  1. Ready, steady, go? – Results of the third BIS survey on central bank digital currency, Bank for International Settlements, January 2021

  2. The macroeconomics of central bank digital currencies, Barrdear and Kumhof, May 2021

Veröffentlicht: 01.02.2022

Diesen Artikel teilen

Abonnieren Sie unseren Newsletter

Verpassen Sie nicht die neusten Artikel von G+D SPOTLIGHT: Wenn Sie unseren Newsletter abonnieren, bleiben Sie immer auf dem Laufenden über aktuelle Trends, Ideen und technische Innovationen – jeden Monat direkt in Ihr Postfach.

Bitte geben Sie Ihre Daten an: