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#Digital Currency Ecosystem

Digitales Bargeld

Globale Trends
6 Min.

Kryptowährungen wie Bitcoin sind ein Ansatz, um digitales Geld für jeden verfügbar zu machen – doch bisher haben sie sich nicht wirklich durchgesetzt. Zentralbanken entwickeln jetzt ihre eigenen digitalen Währungen, um ein sicheres digitales Bezahlen zu gewährleisten. Werden diese neuen digitalen Währungen die Lücken beim digitalen Bezahlen schließen?

Ein neues Akronym dürfte uns bald immer häufiger begegnen: CBDC. Es steht für „Central Bank Digital Currency“ (digitales Zentralbankgeld) – und CBDCs könnten die Zukunft des Geld- und Zahlungswesens sein. Die größten Zentralbanken der Welt sind momentan dabei, entweder aktiv CBDCs zu entwickeln oder zu dem Thema zu forschen.

Es wird erwartet, dass die chinesische Zentralbank 2020 eine von ihr ausgegebene digitale Währung testen wird. In Indien hat ein Regierungsausschuss inzwischen empfohlen, dass die Reserve Bank of India ebenfalls eine digitale Währung einführen soll. Und auch die Zentralbanken in Südafrika, Europa, Kanada und Japan befassen sich mit diesem Konzept.

Warum werden CBDCs entwickelt? Einfach ausgedrückt: weil sie eine Lücke beim Bezahlen schließen, die bisher noch nicht abgedeckt wurde. Heute erfüllt nur ein Tauschmittel die Anforderungen aller Nutzerinnen und Nutzer in fast allen Situationen – und das ist Bargeld. Diese Aussage mag verwundern in einer Zeit, in der viele von uns sich immer mehr daran gewöhnen, per Karte oder mit smarten Endgeräten zu bezahlen.

 
Raoul Herborg, Business Lead Digital Currencies, G+D

Altes Geld, neues Geld

Bargeld ist alles andere als überholt, es ist bei den meisten Menschen sogar nach wie vor sehr beliebt. „Banknoten sind flexibel und zuverlässig. Und sie sind ein hervorragendes Zahlungsmittel, das von jedem genutzt werden kann. Das einzige Problem ist, dass sie nicht digital genutzt werden können“, sagt Raoul Herborg, Business Lead Digital Currencies, G+D.

Kryptowährungen, die auf starker Kryptografie basieren, bei der der Zahlungsvorgang dezentralisiert und auf diese Weise gesichert wird, bieten zwar eine Möglichkeit, um digitales Geld allgemein verfügbar zu machen, doch sie haben sich in der Breite nicht durchgesetzt.

Vorreiter wie Bitcoin und Ethereum, die berühmtesten Kryptowährungen, sind extrem volatil und mit hohen Transaktionsgebühren verbunden, sodass ihnen nicht das Maß an Vertrauen entgegengebracht wird, das für jedes Zahlungsmittel unabdingbar ist.

In China entstehen durch den Erfolg privater Bezahlplattformen wie Alipay enorm beliebte und schnell wachsende digitale Zahlungsmöglichkeiten, die auch gut funktionieren. Diem, die Stablecoin von Facebook, ist eine weitere vergleichbare Lösung, die sich aber in der Praxis erst noch bewähren muss.

Zentralbanken wollen verhindern, dass sich das digitale Zahlungsökosystem vollständig auf den Privatsektor verlagert und von Akteuren beherrscht wird, die irgendwann systemrelevant werden könnten. Deshalb arbeiten sie daran, ein sicheres und zuverlässiges digitales Zahlungsmittel bereitzustellen.

Zahlungen Kryptowährung Nahaufnahme von zwei Frauen, die Smartphones nutzen
CBDCs bieten die Möglichkeit, Geld direkt zwischen zwei intelligenten Bezahlkarten zu transferieren – und das sogar mitten im Nirgendwo

Die Kraft von digitalem Zentralbankgeld

Digitale Zentralbankwährungen könnten ein neues gesetzliches Zahlungsmittel werden, mit universaler Verwendbarkeit und der Möglichkeit für Peer-to-Peer-Transaktionen.

CBDCs hätten den gleichen Wert wie ihre entsprechenden physischen Währungen, könnten aber auf andere Weise genutzt werden, zum Beispiel mittels Chipkarten oder Handys. Dahinter stünde die jeweilige Regierung als Garant. „CBDCs würden der gesamten Bevölkerung Zugang zu einem sicheren, stabilen Zahlungsmittel ohne Transaktionsgebühren bieten“, so Herborg.

Aus der Perspektive der Endverbraucher würde eine CBDC allen die Freiheit bieten, überall und in jeder Situation direkt für etwas zu bezahlen oder einer anderen Person Geld zu überweisen, denn alle müssten die CBDC genauso akzeptieren wie Bargeld. Hierfür wäre noch nicht einmal ein Bankkonto nötig und die Transaktionskosten wären deutlich geringer als bei aktuellen mobilen Lösungen. 

CBDCs könnten günstige, unkomplizierte Zahlungen ermöglichen, zum Beispiel von Smartcard zu Smartcard oder zu einem Gerät, ohne dritte Partei wie einen Anbieter von Händlerkarten. Stellen Sie sich vor, zwei Personen, die ein kleines Gerät nutzen, transferieren Geld zwischen zwei Bezahlkarten, und das auch mitten im Nirgendwo, ganz ohne Vermittler.

Wie werden CBDCs genau funktionieren? An den technologischen Details wird noch gearbeitet und es ist nach wie vor nicht klar, ob Decentralized-Ledger-Technologie oder Blockchains zum Einsatz kommen werden. Sie sollten zudem weniger energieintensiv sein als der Bitcoin.

G+D arbeitet an diesen Themen und entwickelt mit Hochdruck Pilotprojekte mit einer Reihe von Banken, fügt Herborg hinzu. „Unser Konzept ist so gestaltet, dass es so nah wie möglich am Bargeld bleibt, um herausragende Sicherheit und hohe Verfügbarkeit ohne irgendeine potenzielle Fehlerquelle zu bieten und ein Gleichgewicht zwischen Datenschutz und Transparenz zu schaffen.“

Besser als Bitcoin

Die Eigenschaften von CBDCs sind ebenfalls flexibel. Sie können vollkommen anonym sein, sodass Kundinnen und Kunden bei Transaktionen ihre sensiblen Daten abschirmen können. Aber auch der Einbau von Schutzmechanismen gegen Geldwäsche, Betrug, Steuerhinterziehung oder andere Formen der Finanzkriminalität ist möglich. So können Zahlungen unter gewissen Umständen nachverfolgt werden, zum Beispiel nach einem Gerichtsbeschluss.

Es wird zwar noch eine Weile dauern, bis CBDCs tatsächlich in Umlauf kommen. Wahrscheinlich aber ist, dass sie schon in diesem Jahrzehnt in Gebrauch sein werden, vielleicht sogar bereits in fünf Jahren. „G+D unterstützt die Zentralbanken auf diesem Weg“, sagt Herborg. „Es geht um Vertrauen und ein sehr hohes Sicherheitsniveau. Die Risiken müssen bewertet werden – nicht nur die technologischen, sondern auch die Auswirkungen auf das Finanzsystem.“

“Es geht um Vertrauen und ein sehr hohes Sicherheitsniveau“
Raoul Herborg
Business Lead Digital Currencies, G+D

CBDCs werden Einfluss auf Zahlungen, Banken und Zentralbanken und sogar auf das Gleichgewicht der Wirtschaftsmächte haben. Wenn China zum Beispiel das erste große Land wird, das eine digitale Währung einführt, setzt das die anderen Länder unter Druck, ebenfalls eigene digitale Zentralbankwährungen zu entwickeln.

Das Epizentrum der globalen wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse könne sich verschieben, heißt es in einem Bericht der Deutschen Bank.1 „Wenn Unternehmen, die Geschäfte in China tätigen, gezwungen sein werden, den digitalen Yuan zu nutzen, könnte das die Vorherrschaft des Dollars im globalen Finanzmarkt ins Wanken bringen.

Neben dem Potenzial, den Wohlstand zu fördern und weltweit das BIP zu steigern, dürfte die weitreichendste Auswirkung von CBDCs für die Menschen eine enorme Steigerung der finanziellen Inklusion sein. Die Aussicht, Hunderten Millionen von Menschen in aller Welt, die kein Bankkonto haben und bisher schwer zu erreichen waren bzw. keinen oder nur begrenzten Zugang zum digitalen Zahlungsverkehr haben, Zahlungsdienstleistungen anbieten zu können, sei sehr attraktiv, erklärt Herborg.

„Wir haben die Vision, Zahlungen für alle zu ermöglichen, überall, ob jung oder alt, ob in Städten oder abgelegenen ländlichen Gebieten, ob mit modernster Technologie ausgestattet oder ohne.“

  1. Deutsche Bank “The Future of Payments” 2019

Veröffentlicht: 10.05.2020

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