Herr Wengel, Sie sind nun seit fast zwei Jahren CEO von G+D Netcetera. Wie hat sich die Software-Landschaft seither verändert?
Eine Sache, die sich auf jeden Fall rasant entwickelt, ist die Erkenntnis, wie wichtig Software mittlerweile für das tägliche Leben ist. Und zwar für jeden und jede! Das Bewusstsein dafür hat enorm zugenommen.
Als Deutscher denke ich zum Beispiel an unsere Automobilindustrie. Allein in dieser Branche bestimmen Themen wie Software-Entwicklung, autonomes Fahren, Elektromobilität und Ähnliches die Diskussion. Jedem und jeder ist mittlerweile klar, dass gerade ein industrieller Wandel stattfindet.
Der Wandel ist überall spürbar, sei es in der Automobil- und Pharmaindustrie oder in anderen Branchen. Software-Lösungen sind zu einem integralen Bestandteil geworden und ihre Bedeutung wird weiter zunehmen. Wir alle, die wir im gewerblichen und industriellen Bereich tätig sind, sollten uns darauf einstellen und uns darüber im Klaren sein, dass sich daran nichts ändern wird.
Manche sprechen von Deindustrialisierung oder zumindest von einer Verschiebung in Richtung Dienstleistungsindustrie. Aus meiner Sicht befinden wir uns genau in dieser Phase. Und diese Entwicklung wird sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren bestimmt fortsetzen.
Gleichzeitig schreitet der technologische Fortschritt exponentiell voran. Die Daten von Maschinen können so aufbereitet werden, dass wir sie sehr viel besser verstehen und sinnvoll nutzen können – und damit sind wir auch schon bei den Themen der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens.
KI wird vieles verändern und ich habe nicht das Gefühl, dass sich schon alle ausreichend mit ihr beschäftigt haben und wissen, was künstliche Intelligenz für die Zukunft bedeutet.
Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden versuchen, sich darauf vorzubereiten, wie sie sich am besten organisieren. In der Schweiz, wo G+D Netcetera seinen Hauptsitz hat, in Deutschland, aber auch weltweit stellt sich die Frage, wie beispielsweise Universitäten ihren Studierenden diese Themen auf breiter Basis vermitteln können.
FOMO (Fear Of Missing Out), wie die jungen Leute sagen, ist in diesem Bereich allgegenwärtig. Die Angst, etwas zu verpassen, ist sehr real. Auf nationaler Ebene, aber auch in jeder Art von Organisation.
Eine Möglichkeit, mit einer so großen Veränderung umzugehen, ist, sich auf die Menschen zu konzentrieren, die davon betroffen sind. Es geht um weitreichende und komplexe Vorhaben, die einschüchternd wirken können. Wenn wir das Ganze aus der Perspektive der Menschen betrachten, erleichtert das meiner Meinung nach den Zugang.