Ein Symbol für einen digitalen Reisepass
#Identity Technology

Wie nachhaltig ist ein ePass?

Expertenmeinung
6 Min.

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Wir alle, vor allem aber Unternehmen und große Organisationen, stehen in der Verantwortung, die CO2-Emissionen zu senken und unseren Teil dazu beizutragen, Umwelt und Klima zu schützen. Wenn es der Identitätsindustrie jetzt gelingt, den CO2-Fußabdruck des ePasses zu verringern, kann sie mit gutem Beispiel vorangehen und eine Vorreiterrolle beim Thema Reisen übernehmen.

Nach jüngsten Schätzungen sind Reisen und Tourismus für etwa acht Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich.1 Doch das sind, wie gesagt, Schätzungen. Es ist nicht einfach, verlässliche Zahlen zu erhalten. Das liegt unter anderem daran, dass sich die Gesamtmenge der Emissionen nur schwer erfassen lässt. Während sich die Schadstoffe eines Fluges von New York nach London leicht berechnen lassen, ist das bei anderen Emissionen, die etwa durch Unterkünfte oder andere touristische Aktivitäten verursacht werden, weitaus komplizierter. Der Versuch, diese indirekten Emissionen nachzuverfolgen, ist ähnlich mühsam wie die Übersetzung einer alten Sprache ohne passendes Wörterbuch. Reisen ist außerdem per Definition international. Es ist deshalb auch schwer, über unterschiedliche Länder hinweg einheitliche Standards und Messmethoden zu etablieren. 

Die Herausforderung ist also immens. Ohne zuverlässige Informationen, wo der Hebel am besten anzusetzen ist, ist es schwierig, den CO2-Fußabdruck in der Reisebranche wirksam zu reduzieren. Umso wichtiger ist es daher, sich auf die konkret messbaren Emissionen zu konzentrieren und diese, wo immer es möglich ist, zu senken. 

ESG wird schließlich für Unternehmen und Organisationen immer wichtiger – auch weil vor allem jüngere Reisende immer umweltbewusster werden. Deshalb sollten die relevanten Akteure der Reisebranche zusammenarbeiten, damit jeder seinen Teil zur Reduzierung der CO2-Emissionen beitragen kann. Schließlich zählt jeder Schritt in die richtige Richtung. Für die Identitätsbranche etwa wäre es ein guter Anfang, den CO2-Fußabdruck der ePässe zu reduzieren.

So wirken sich ePässe auf die Umwelt aus

ePässe sind Reisedokumente, die mit einem elektronischen Chip ausgestattet sind. Mit weiteren Sicherheitsmerkmalen erschweren diese Chips Identitätsbetrug und beschleunigen die Abfertigung an internationalen Grenzen. Reisende mit ePässen können an Flughäfen elektronische Gates nutzen. Die langwierige, individuelle Einzelkontrolle der Papiere und der Identitätsnachweis werden so überflüssig. Das macht das Reisen sicherer und effizienter, sowohl für die Reisenden als auch für die Grenzbeamten und -beamtinnen.

Dabei sollten jedoch auch ökologische Aspekte betrachtet werden. Veridos, einer der führenden Anbieter von Identitätslösungen, schätzt, dass weltweit bereits mehr als 1 Milliarde ePässe im Umlauf sind. Jedes Jahr werden rund 100 Millionen neue ePässe gedruckt – und etwa noch einmal so viele landen auf Mülldeponien. Was dies für den ökologischen Fußabdruck der Identitätsbranche bedeutet, lässt sich leicht veranschaulichen: Würde man die entsorgten ePässe nur eines Jahres aufeinanderstapeln, würde sich dieser Stapel von Paris bis Zürich erstrecken. Das Gewicht entspräche 637.500 Handgepäckstücken mit einem Gewicht von je 8 kg.2

Infografik: Hier entstehen die Emissionen eines ePasses

Im ePass-Lebenszyklus entstehen die meisten CO2-Emissionen bereits bei Gewinnung, Transport und Verarbeitung der nötigen Rohstoffe. Das reine Polycarbonat, das für die Datenseite der ePässe verwendet wird, ist zwar eigentlich recycelbar, aber die Produktion ist nicht sehr umweltfreundlich. Und das Verbundmaterial, in dem das Polycarbonat verarbeitet wird, lässt sich nur schwer nachhaltig entsorgen. Der Transport der Rohstoffe und die Auslieferung der fertigen ePässe sind ebenfalls ein entscheidender Faktor in der Klimabilanz. Im Vergleich dazu sind die Emissionen, die durch die Verarbeitung und Entsorgung der ausgedienten ePässe entstehen, nur minimal.

Nachhaltigere ePässe als Symbol des Wandels

Die aufwendigen Sicherheitsmerkmale sind der größte Vorteil von ePässen – und zugleich eine der größten Hürden beim Recycling. Während der Bankensektor alte Bezahlkarten wiederverwertet, um neue Bankkarten aus recyceltem Kunststoff herzustellen, gibt es derzeit keine sichere Möglichkeit, die Datenseite und den elektronischen Chip von ePässen zu recyceln, da sie hochsensible persönliche Daten enthalten.

Um dies zu ändern, wird gerade erforscht, ob sich Hochsicherheitsprodukte wie ePässe aus recyceltem Polycarbonat oder aus Polycarbonat auf Pflanzenbasis, etwa aus Mais- oder Zuckerrohr, herstellen lassen. Die Herausforderung besteht unter anderem auch darin, dass jede mögliche Lösung internationalen Sicherheitsstandards entsprechen muss.

Facts & Figures

0Milliarde

ePässe sind weltweit im Umlauf

0Millionen

neue ePässe werden jedes Jahr ausgestellt und noch einmal so viele werden entsorgt

0 0%

der von ePässen verursachten Emissionen entstehen während der Beschaffung der Rohstoffe

Wie die Identitätsbranche Emissionen sparen kann

Veridos untersucht schon länger, wie sich die Umweltauswirkungen der Produktion, Infrastruktur und der Lieferkette von ePässen senken lassen. Erforscht wird unter anderem, wie sich umweltfreundlichere Rohstoffe, nachhaltige Energiequellen und effizientere Entsorgungsverfahren auswirken. Zeitgleich gibt es Bemühungen, die Luftfracht zugunsten von nachhaltigeren Optionen wie der Seefracht zu reduzieren und Teillieferungen wo immer möglich zu vermeiden.

“Wir möchten ESG auf eine neue Art und Weise denken und umsetzen. Unser wichtigstes Ziel ist, den CO2-Fußabdruck unserer Produktion und unserer Produkte zu verkleinern – bei gleichbleibend hohem Niveau bei Kundenservice und Kundenzufriedenheit. Wir fordern uns jeden Tag selbst heraus, noch besser zu werden und so unsere Kundinnen und Kunden bei der Erreichung ihrer Ziele zu unterstützen.“
Marc-Julian Siewert
Vorstandsvorsitzender Veridos

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass sich die größten Nachhaltigkeitserfolge mit wiederverwertbaren Materialien und umweltfreundlicheren Transportmitteln für die Auslieferung der ePässe erzielen ließen. Doch für eine effektive Lösung, die internationalen Standards genügt, ist es unerlässlich, dass die Akteure der Identitätsbranche mit Regierungen weltweit eng zusammenarbeiten. Diese gemeinsam entwickelten Konzepte könnten einen wichtigen Beitrag leisten, um den CO2-Fußabdruck von elektronischen Reisepässen zu verkleinern.

Es ist Zeit zu handeln

Gezielte Klimaschutzmaßnahmen sind nicht nur moralisch wichtig – sie sichern auch die Wettbewerbsfähigkeit. Die Verbraucherinnen und Verbraucher – vor allem die Millennials und die Generation Z – werden zunehmend umweltbewusst. Reine Absichtserklärungen von Unternehmen oder das Versprechen, mittel- oder langfristig klimaneutral zu werden, reichen nicht mehr aus, um langfristig im Markt zu bestehen. Verbraucherinnen und Verbraucher suchen verstärkt nach Marken und Produkten, die ihr Engagement für Nachhaltigkeit mit konkreten Maßnahmen belegen können.

In der Reisebranche wird dies bereits auf unterschiedliche Weise umgesetzt. So bieten Fluggesellschaften ihren Kundinnen und Kunden immer öfter an, die Emissionen ihrer Flüge zu kompensieren. Es entstehen auch immer mehr Öko-Hotels, die sowohl Gästen als auch dem Gastgewerbe selbst die Möglichkeit bieten, zu einem grüneren Planeten beizutragen.

Eine fröhliche Mutter, die ihre Tochter an der Hand hält, geht durch die Flughafenhalle und reist mit dem Flugzeug in den Urlaub.

Die positiven Auswirkungen und die Symbolkraft eines grünen ePasses sollten jedoch nicht unterschätzt werden. Ein Pass ist mehr als nur ein Reisedokument. Als Eintrittskarte, um die Welt zu erkunden, öffnet er das Tor zu neuen Erfahrungen und steht damit für Freiheit und Mobilität. Und wenn wir ihn so umweltfreundlich wie möglich gestalten, wird er vielleicht für die Milliarde der ePass-Besitzerinnen und -Besitzer weltweit auch zum Symbol des positiven Wandels.

Key Takeaways

  • Die Reise- und Tourismusbranche ist für einen beträchtlichen Teil der weltweiten Emissionen verantwortlich. Da die Branche hochkomplex ist und einheitliche Messmethoden fehlen, lässt sich die exakte Höhe der Emissionen nur schwer quantifizieren.
  • Veridos geht das Thema ganzheitlich an und sucht aktiv nach Wegen, wie sich die ökologischen Auswirkungen der ePass-Produktion, -Infrastruktur und -Lieferkette minimieren lassen.  
  • Veridos ruft die Identitätsindustrie dazu auf, global zusammenzuarbeiten, um nachhaltigere ePass-Lösungen zu finden und die Umweltauswirkungen zu reduzieren.
  1. Baseline Report on Climate Action in Tourism, 2022, UNWTO

  2. How sustainable travel documents can help raise awareness for eco friendly travel, 2022, Veridos

Veröffentlicht: 16.06.2023

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