Digitale Illustration einer Hand, die ein Smartphone mit einem großen Eurozeichen hält
#Digital Currency Ecosystem

Der digitale Euro kommt und mit ihm auch neue Innovationspotentiale

Insights
6 Min.

Wie viele weitere Zentralbanken untersucht auch die EZB die Möglichkeiten einer digitalen Währung. Tanja Heßdörfer und Raoul Herborg von G+D beleuchten das Innovationspotenzial, das sich mit der Einführung des digitalen Euro eröffnen könnte.

Im Juli 2021 gab die Europäische Zentralbank (EZB) den Startschuss für eine zweijährige Untersuchungsphase zum digitalen Euro, der frühestens 2026 eingeführt werden soll.1 Für den Zahlungsverkehrssektor ist dies ein gewaltiger Schritt, der eine Vielzahl spannender Möglichkeiten innerhalb Europas mit sich bringen könnte.

Tanja Heßdörfer, G+D Director Business Development CBDC, und Raoul Herborg, G+D Managing Director Central Bank Digital Currencies, beleuchten die Herausforderungen sowie die zahlreichen Vorteile, die mit der Einführung der digitalen Zentralbankwährung als Ergänzung zum Bargeld einhergehen.

Digitale Zahlungssouveränität innerhalb Europas

Über 85 Prozent der Zentralbanken untersuchen derzeit die Möglichkeiten, eine digitale Zentralbankwährung auszugeben.2 China und Schweden befinden sich sogar bereits in einer Erprobungsphase ihrer digitalen Währungen. Es ist also lediglich eine Frage der Zeit, wann es digitales Zentralbankgeld (Central Bank Digital Currency, CBDC) geben wird.

„G+D arbeitet mit mehreren Zentralbanken an der Einführung von CBDCs, beispielsweise unterstützen wir momentan Ghana bei einem Pilotprojekt. Manche Länder verzeichnen extrem schnelle Fortschritte“, so Raoul Herborg.

Er fügt hinzu: „Der digitale Euro trägt zur Wahrung der europäischen Souveränität bei – und das in digitaler, monetärer und wirtschaftlicher Hinsicht. Er sichert Europas Unabhängigkeit im Hinblick auf die Finanzströme innerhalb der EU, sodass Europa nicht auf private Akteure außerhalb der EU angewiesen ist. Die Covid-19-Pandemie hat uns vor Augen geführt, dass bestimmte kritische Infrastrukturen lokal bereitgestellt werden sollten, um handlungsfähig zu bleiben. Und dazu gehört auch die Zahlungsinfrastruktur.“

Christine Lagarde, Präsidentin der EZB, sieht zwar keinen Grund zur Sorge darin, dass ausländische Zahlungsdienstleister den europäischen Markt dominieren, weist aber auch auf den „sich entwickelnden globalen Kontext“ und die „zunehmenden protektionistischen Maßnahmen“ hin. „Es liegt in unserer Verantwortung sicherzustellen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger eine Wahl haben und nicht aufgrund einseitiger Handlungen anderer vom Zahlungsökosystem ausgeschlossen werden“,3 sagte sie.

Weitreichendes Innovationspotenzial

Neben dem Aspekt der Souveränität „könnte der digitale Euro die Grundlage für Innovationen bilden“, so Herborg. „Er könnte ein wirklich interoperables Zahlungsmittel sein. Der digitale Euro würde allen Geschäftsbanken als Standard dienen, was seine Interoperabilität gewährleistet. Damit würde das Problem gelöst, dass ihn ausschließlich Kundinnen und Kunden einer bestimmten Geschäftsbank nutzen können. Darüber hinaus könnte die EZB weitere Innovationsmöglichkeiten bieten, sofern sie Programmierbarkeit als Funktion berücksichtigt, das heißt programmierbare Zahlungen ermöglicht.“ Digitales Zentralbankgeld mit programmierbaren Features hätte viele Vorteile. Es würde die Geschäftswelt revolutionieren, die Economy of Things vorantreiben und uns alle in eine digitalere Zukunft führen.

Die Einführung des digitalen Euro würde auch der europäischen Wirtschaft Vorteile bringen, wie Herborg hinzufügt: „Die durch einen digitalen Euro geschaffenen Innovationsmöglichkeiten könnten das Wirtschaftswachstum fördern. Der Zahlungsverkehr ist ein wesentlicher Bestandteil der gesamten Wirtschaft, und die Entwicklung effektiver Lösungen könnte die Effizienz für Unternehmen steigern, neue Geschäftsmodelle ermöglichen und das Wirtschaftswachstum ankurbeln.“

Geschäftsbanken als erste Anlaufstelle für Kundinnen und Kunden werden eine Schlüsselrolle bei der Einführung des digitalen Euro spielen. „Genau wie sie jetzt Bargeld verteilen, werden Geschäftsbanken für die Verbreitung des digitalen Euro zuständig sein“, erläutert Herborg. Und auch hier ist das Innovationspotenzial enorm. „Das Bargeldökosystem heutzutage ist riesig. Mit der Einführung von CBDC als Ergänzung zu physischem Bargeld besteht das Potenzial, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Geschäftsbanken könnten ein integraler Bestandteil dieser neuen Geschäftsmodelle sein und ihre Angebote und Dienstleistungen entsprechend erweitern.“

“Der digitale Euro könnte die Grundlage für Innovationen bilden. Er könnte sich als ein wirklich interoperables Zahlungsmittel erweisen“
Raoul Herborg
Managing Director Central Bank Digital Currencies, G+D

Zu überwindende Herausforderungen

Ein Mann bezahlt seine Gemüseeinkäufe kontaklos per Smartwatch

Vor der Einführung gilt es, das Konzept der Inklusion zu bedenken, so Tanja Heßdörfer. Sie erläutert: „G+D ist davon überzeugt, dass digitales Zentralbankgeld für alle, einschließlich Kinder, zugänglich sein sollte. Es muss universell sein, darf niemanden ausschließen und sollte keinesfalls ein bestimmtes Smartphone-Modell voraussetzen. Andere Wallet-Geräte und Wearables, wie ein smartes Armband oder eine Smart Card, könnten dazu beitragen, dass CBDCs möglichst universell zugänglich sind. Je mehr Menschen Zugang zu digitalen Diensten haben, desto mehr werden die Inklusion und das Wachstum der digitalen Wirtschaft gefördert.“

Darüber hinaus muss die Nutzerakzeptanz bedacht werden. Selbst wenn der digitale Euro allen Bürgerinnen und Bürgern zugänglich wäre, würden sie ihn nutzen? Für Heßdörfer bedarf es der Aufklärung: „Einerseits wissen die wenigsten, was der digitale Euro ist. Seine Vorteile sind den meisten also nicht klar. Andererseits befürchten viele einen Eingriff in ihre Privatsphäre. Bei der Entwicklung des digitalen Euro muss dies unbedingt berücksichtigt werden. Er muss die Bedürfnisse aller Bürgerinnen und Bürger erfüllen, wenn er im alltäglichen Leben zum Einsatz kommen soll.“ Die im April 2021 von der EZB präsentierten Ergebnisse der öffentlichen Konsultation zum digitalen Euro bestätigen, dass sowohl die Öffentlichkeit als auch Fachkreise bei einem möglichen zukünftigen digitalen Euro den größten Wert auf Datenschutz legen.4

Darüber hinaus weist Heßdörfer darauf hin, dass die Technologie eine weitere Herausforderung ist, die es vor der Einführung des digitalen Euro zu meistern gilt: „Der digitale Euro muss auch Offline-Zahlungen ermöglichen. Zudem müssen die Daten der Nutzerinnen und Nutzer geschützt werden und die Lösung darf keinerlei Schwachstellen aufweisen.“ Mit der tokenbasierten Lösung Filia® kann G+D diese Herausforderungen nicht nur bewältigen, sondern auch programmierbare Zahlungen ermöglichen und damit den Weg in eine innovationsreiche Zukunft ebnen.

Die Vorteile überwiegen die Herausforderungen

Von der Zugänglichkeit über die Nutzerakzeptanz bis hin zur Technologie selbst, die EZB muss in ihrer Untersuchungsphase sicherlich eine Vielzahl von Herausforderungen berücksichtigen, bevor sie Lösungen und Prototypen entwickeln kann. Gelingt es ihr, diese zu überwinden, werden die Vorteile die Herausforderungen überwiegen. Denn ein digitaler Euro wäre nicht weniger als ein universelles Zahlungsmittel. „Ein Zahlungsmittel, das überall und jederzeit benutzt werden könnte und die Vorteile von Bargeld auch in der digitalen Welt bietet, wäre schlichtweg revolutionär“, weiß Herborg.

Die Wahrung der Privatsphäre ist ein weiterer Vorteil. Während Tanja Heßdörfer anmerkt, das manche Menschen zögern könnten, einen digitalen Euro zu nutzen, aus Sorge um die Privatsphäre und den Schutz von Daten, verweist Herborg darauf, dass der digitale Euro die Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer vielmehr schützen würde: „Wer heutzutage online bezahlt, muss seine Daten angeben. Bei manchen Zahlungsanbietern sind die personenbezogenen Daten sogar Teil des Geschäftsmodells. Der digitale Euro könnte Nutzerinnen und Nutzern die Privatsphäre zurückgeben. G+D ist überzeugt, dass es auch in der digitalen Welt möglich sein sollte zu bezahlen, ohne seine persönlichen Daten anzugeben.“

Die EZB muss viele Aspekte und Herausforderungen während ihrer Untersuchungsphase bedenken, doch wir sollten vor allem das Potenzial des digitalen Euro sehen. Er ermöglicht neue Geschäftsmodelle, grundlegende Vorteile und Möglichkeiten und revolutioniert die Art und Weise, wie wir bezahlen.

  1. Eurosystem launches digital euro project, European Central Bank Eurosystem, 2021

  2. Ready, steady, go? – Results on the third BIS survey on central bank digital currency, Bank for International Settlements, 2021

  3. Speech: Payments in a digital world, European Central Bank Eurosystem, 2020

  4. ECB publishes the results of the public consultation on a digital euro, European Central Bank Eurosystem, 2021

Veröffentlicht: 30.09.2021

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