Eine ältere Frau nutzt eine barrierefreie Möglichkeit der Zahlung
#Payment Technology

Barrierefreies Bezahlen für alle

Technische Innovation

Themen wie Barrierefreiheit und Inklusion sind in unserer modernen, vielfältigen Gesellschaft wichtiger denn je. Ob am Arbeitsplatz, im sozialen Umfeld oder bei grundlegenden Dienstleistungen wie dem Bank- und Zahlungsverkehr: Barrierefreiheit ist kein wünschenswertes Extra, sondern eine Notwendigkeit.

Bei Barrierefreiheit geht es darum, allen Menschen unabhängig von körperlichen oder kognitiven Beeinträchtigungen ein selbstbestimmtes Leben und die uneingeschränkte Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen1. Dazu gehört die Beseitigung digitaler wie physischer Barrieren. Außerdem muss sichergestellt werden, dass alle Menschen den gleichen Zugang zu Informationen und Dienstleistungen haben, insbesondere zu denen, die für eine selbstbestimmte Lebensführung unerlässlich sind.

In den letzten zehn Jahren hat sich in der Gesellschaft ein deutlicher Wandel hin zu mehr Barrierefreiheit vollzogen. Neue Rechtsvorschriften wie der European Accessibility Act (2019)1 und Standards wie die W3C Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)2 geben die Richtung vor, wie Unternehmen, Organisationen und die Gesellschaft als Ganzes mit dem Thema Barrierefreiheit umgehen sollten.

Die zunehmende Digitalisierung bestimmt diese Entwicklung entscheidend mit und auch in der öffentlichen Diskussion sind Zugänglichkeit und Teilhabe relevante Themen. Im Hinblick auf den demografischen Wandel und eine alternde Bevölkerung ist die Frage nicht, warum Barrierefreiheit wichtig ist – sondern wie schnell wir diese umsetzen können.

Was heißt das nun für die Banken?

Barrierefreie Zahlungen ermöglichen

„Barrierefreiheit im Zahlungsverkehr bedeutet, dass alle Menschen, unabhängig von ihren physischen oder kognitiven Fähigkeiten, ihrem wirtschaftlichen Hintergrund oder ihrem Standort, Finanzdienstleistungen einfach und sicher nutzen können“, sagt Kurt Schmid, Managing Director Digital Banking von Netcetera.

Will man den individuellen Bedürfnissen aller Kundinnen und Kunden gerecht werden, ist es erforderlich, die Diversität der Gesamtbevölkerung – und nicht nur die der Menschen mit körperlichen Einschränkungen – zu bedenken. Denn die Wünsche eines 18-Jährigen unterscheiden sich durchaus von denen einer 80-Jährigen, ebenso wie sehbehinderte Menschen andere Herausforderungen beim Bezahlen haben als Personen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind.

Es ist jedoch nicht hilfreich, die Kundinnen und Kunden lediglich nach bestimmten Merkmalen einzuteilen, denn auch innerhalb dieser Kategorien sind die Bedürfnisse unterschiedlich. Um echte Barrierefreiheit zu erreichen, sollten Geldinstitute ihre Kundengruppen idealerweise nach den verschiedenen Vorgängen im Zahlungsverkehr differenzieren. So können sie Produkte entwickeln, die auf die jeweiligen Anforderungen der Kundinnen und Kunden für bestimmte Zahlungsvorgänge zugeschnitten sind. Banken müssen gewährleisten, dass alle Menschen ihre Dienstleistungen und Produkte nutzen können, unabhängig davon, ob eine Person beeinträchtigt ist oder nicht. In dieser Hinsicht haben viele Finanzdienstleister bereits erhebliche Fortschritte erzielt.

Um Bankfilialen für Kundinnen und Kunden mit körperlichen Einschränkungen besser zugänglich zu machen, gehören bauliche Maßnahmen wie Rampen, automatische Türen und Aufzüge mittlerweile zum Standard. Ein Paradebeispiel dafür, wie sich Barrierefreiheit für Menschen mit Seh- oder Körperbehinderungen umsetzen lässt, sind die Kartenlösungen von Convego® mit Reliefprägung, Brailleschrift und integriertem biometrischem Sicherheitsmerkmal.

Wie steht es aber um die digitale Barrierefreiheit? Online-Banking und multifunktionale digitale Geldbörsen sind zu einem festen Bestandteil des Bankgeschäfts geworden. Sie haben die Art und Weise verändert, wie wir heutzutage Bankgeschäfte erledigen und Zahlungen tätigen. Die treibende Kraft hinter diesem Wandel sind Neobanken und Fintech-Unternehmen, die traditionelle Bankmodelle infrage stellen und deren Rolle neu definieren.

Wie bei physischen Zahlungen ist es für Banken wichtig, digitale Produkte und Lösungen so zugänglich wie möglich zu machen. Dabei gibt es einiges zu beachten:

  • Unterschiedliche Bedürfnisse: Das Produktportfolio sollte den vielfältigen Anforderungen der Kundinnen und Kunden gerecht werden. Jeder Mensch hat individuelle Bedürfnisse oder steht vor anderen Herausforderungen bei der Zahlungsabwicklung.
  • Umdenken: Barrierefreiheit darf nicht als Pflichtübung oder Compliance-Thema betrachtet werden. Sie muss im Mittelpunkt des Designprozesses stehen und jede Geschäftsentscheidung leiten.
  • Mitgestaltung: Banken sollten bei der Entwicklung von Produkten und Lösungen nach dem zentralen Motto der UN-Behindertenrechtskonvention handeln: „Nichts über uns ohne uns“. So stellen sie sicher, dass Menschen, die mit Barrieren im Zahlungsverkehr konfrontiert sind, aktiv einbezogen werden.

Je mehr digitale Geldbörsen eingesetzt werden, desto einfacher muss die Authentifizierung für alle Kundinnen und Kunden sein – ohne dabei Abstriche bei der Sicherheit zu machen. Bisherige Methoden wie Einmalpasswörter und Apps von Drittanbietern waren umständlich in der Anwendung und anfällig für betrügerische Angriffe. Convego® AUTH-U, eine passwortlose biometrische Authentifizierung auf der Grundlage des branchenweiten FIDO-Standards, ist jedoch ein gutes Beispiel dafür, wie die Branche Schwierigkeiten überwindet, um ein einfaches und sicheres digitales Bezahlverfahren zu bieten.

Barrrierefreiheit zu erreichen, ist gar nicht so schwer: Man muss sie nur von Anfang an mitdenken und in den Gestaltungsprozess einbeziehen. Ein einfaches, aber oft vernachlässigtes Designprinzip.

Ein älterer Mann Bezahlt mit einer Bankkarte in einem Geschäft

Von Beginn an barrierefrei planen und gestalten

„An Barrierefreiheit wird meist zuletzt gedacht“, sagt Milan Šveřepa, Geschäftsführer von Inclusion Europe, einer Interessenvertretung für Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung und ihre Familien. Häufig wird erst nachdem ein Produkt oder eine Technologie vollständig entwickelt wurde und das Projekt bereits abgeschlossen ist bemerkt, dass einige Menschen mit Behinderungen diese Angebote überhaupt nicht nutzen können. „Die Entwicklerinnen und Entwickler versuchen dann eifrig, das Problem zu beheben, was oft dazu führt, dass die Handhabung für Menschen mit anderen Beeinträchtigungen komplizierter wird“, fügt Šveřepa hinzu.

Führende Technologieunternehmen arbeiten intensiv daran, dies zu ändern, und nur wenige verkörpern den Inklusionsgedanken so gut wie Google. Das Designprinzip des Tech-Giganten basiert auf der Ansicht, dass „es keine einheitliche Definition von Behinderung gibt“ und dass „dieser Begriff aus einer Diskrepanz zwischen den Fähigkeiten einer Person und ihrer Umgebung entsteht“3

Um dies zu adressieren, hat Google ein eigenes Team und eine gesonderte Webpräsenz eingerichtet, um die besten Beispiele für Barrierefreiheit zu fördern. 20224 wurde auch das Accessibility Discovery Centre (ADC) von Google in London eröffnet. Hier können die Google-Ingenieure und
-Ingenieurinnen gemeinsam mit Betroffenen forschen und Produkte entwerfen. So wird sichergestellt, dass alle Produkte barrierefrei und für alle Nutzerinnen und Nutzer zugänglich sind – eine wichtige Botschaft für alle Branchen.

Barrierefreiheit umfasst mehr als die Gestaltung benutzerfreundlicher Produkte. Eine inklusive Kultur muss auch etabliert und gelebt werden. Dazu ein Beispiel aus der Finanzbranche: Ein britisches Fintech-Unternehmen führte interne Workshops und Schulungen durch, um seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dafür zu sensibilisieren, wie Kundinnen und Kunden seine App nutzen. Für diese Schulungen wurde eigens ein sogenanntes Empathie-Labor eingerichtet, in dem die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mithilfe von Simulationshandschuhen für Arthrose und Brillen mit Sehschwäche beim Produkttest die Perspektive der Nutzerinnen und Nutzer einnehmen konnten5. Dies führte zu einer verbesserten, leichter zugänglichen App und ist ein perfektes Beispiel einer Integrationskultur, die barrierefreie Produktinnovationen fördert.

Wenn Banken solche Ansätze bei der Gestaltung ihrer digitalen Dienstleistungen verfolgen, können sie den Zahlungsverkehr für alle vereinfachen und sich gleichzeitig als Branchenführer in Sachen Barrierefreiheit und Inklusion positionieren. Da sich die Digitalisierung rasant weiterentwickelt und künftig ein zunehmender Teil der Bevölkerung mit Beeinträchtigungen leben wird, gewinnt der Fokus auf Barrierefreiheit immer mehr an Bedeutung.

“Barrierefreiheit im Zahlungsverkehr bedeutet, dass alle Menschen, unab­hängig von ihren physischen oder kognitiven Fähigkeiten, ihrem sozial­wirtschaftlichen Hintergrund oder ihrem geografischen Standort, Finanzdienst­leistungen einfach und sicher nutzen können. Die rasant fortschreitende Digitalisierung des Bank- und Finanz­wesens darf niemanden abhängen.“
Kurt Schmid
Managing Director Digital Banking, Netcetera

Blick in die Zukunft

Statistiken der Vereinten Nationen zufolge werden im Jahr 2050 1,6 Milliarden Menschen ein Alter von 65 Jahren und darüber erreicht haben6, während gleichzeitig die Zahl der Menschen mit Sehbehinderungen weltweit auf 55 Prozent der Gesamtbevölkerung ansteigen wird7. Im Hinblick auf die Barrierefreiheit stellt dieser demografische Wandel alle Branchen vor neue Herausforderungen. Finanzinstitute aber sollten sich in diesem Zusammenhang der Bedeutung nahtloser Bezahlverfahren für alle Kundinnen und Kunden noch stärker bewusst werden.

„Die rasant fortschreitende Digitalisierung des Bank- und Finanzwesens darf niemanden abhängen“, so Kurt Schmid. „Barrierefreie Bankgeschäfte und Zahlungsdienste zu ermöglichen, ist nicht nur eine Frage der Technologie. Es geht auch darum, Inklusion zu fördern, unterschiedliche Nutzerbedürfnisse zu verstehen und Vertrauen aufzubauen.“

Die Anreize für Banken, Barrierefreiheit zu fördern, sind hoch. Laut einer Studie der W3C Web Accessibility Initiative (WAI) haben Unternehmen, die Barrierefreiheit in ihre strategische Planung einbeziehen, bessere Zukunftsaussichten. Im Folgenden sind einige der wichtigsten Vorteile, angepasst an den Bankensektor, aufgeführt8:

  • Innovationen fördern: Die Berücksichtigung barrierefreier Konzepte trägt dazu bei, kundenorientierte Produkte für eine breitere Zielgruppe zu entwickeln. So erleichtert beispielsweise ein biometrischer Erkennungsmechanismus nicht nur sehbehinderten Nutzerinnen und Nutzern die Authentifizierung bei mobilen Zahlungen, sondern allen Nutzerinnen und Nutzern.
  • Marke stärken: Ein authentisches Engagement für Barrierefreiheit verbessert den Ruf einer Bank bei Kundinnen und Kunden sowie Stakeholderinnen und  Stakeholdern als sozial verantwortliches Institut. Das schafft Vertrauen und erhöht die Kundenbindung.
  • Reichweite vergrößern: Indem sie die individuellen Bedürfnisse aller Kundinnen und Kunden bedienen sowie auf die besonderen Herausforderungen bestimmter Bevölkerungsgruppen eingehen, sprechen die Banken die größtmögliche Zielgruppe an.
  • Rechtliche Risiken minimieren: Banken, die bei der Einhaltung von Vorschriften und Gesetzen immer einen Schritt voraus sind, schützen sich vor wirtschaftlichen Sanktionen und Reputationsschäden.

Jeder dieser Vorteile kann den künftigen Erfolg von Banken positiv beeinflussen. Sie unterstreichen sowohl die soziale als auch die wirtschaftliche Bedeutung von mehr Barrierefreiheit und Inklusion und schaffen so ein kundenorientierteres Bankerlebnis für alle.

Ein zuverlässiger Partner

G+D ist davon überzeugt, dass alle Menschen Zugang zu sicheren und bequemen Bezahlverfahren haben sollten. Als  zuverlässiger Partner unterstützen wir Banken, die den Zahlungsverkehr für ihre Kundinnen und Kunden inklusiver und zugänglicher machen wollen.

Im Jahr 2022 wurde von G+D die „More Accessible Payments Suite (MAP)“ eingeführt. Das Angebot umfasst nicht nur physische und digitale Lösungen, sondern ruft auch zur Mitgestaltung und Sensibilisierung auf, um gemeinsam eine barrierefreie Zahlungsinfrastruktur zu schaffen. Zu den wichtigsten Bereichen der Suite gehören:

  • Onboarding ausbauen: Der Schwerpunkt liegt darauf, den digitalen Zugang für diejenigen zu verbessern, die nicht in der Lage sind, eine stationäre Filiale aufzusuchen. Dazu werden Angebote wie Remote-Onboarding-Lösungen, QR-Audio-Inhalte und angeleitete Aktivierungen von Karten umgesetzt.
  • Kartenzahlungen weiterentwickeln: Lösungen dafür reichen von Einkerbungen, Großdruck und hohem Farbkontrast bis hin zu taktilen Elementen wie Blindenschrift zur Unterscheidung der Karten.
  • Digitales Bezahlen ausweiten: Zu den Vorreitern gehören Banken, die digitale Zahlungsmöglichkeiten gezielt auf bestimmte Bevölkerungsgruppen wie beispielsweise Seniorinnen und Senioren zuschneiden.
  • Fokus auf Authentifizierung: Durch die Einführung nahtlos integrierbarer biometrischer Verfahren lassen sich Authentifizierungsmethoden verbessern. Sie entsprechen globalen Standards, die nutzerfreundliche Prozesse gewährleisten und die Sicherheit erhöhen.

All diese Lösungen gewährleisten, dass Kundinnen und Kunden, unabhängig von ihrem Alter oder einer möglichen Beeinträchtigung, unkompliziert und problemlos ihre Finanzgeschäfte erledigen können.

Key Takeaways

  1. Barrierefreiheit ist keine Luxusfrage, sondern ein Grundrecht und Banken müssen sicherstellen, dass alle Kundinnen und Kunden ihre Zahlungsdienste nutzen können.
  2. Die Anerkennung und Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedürfnisse aller Kundinnen und Kunden, unabhängig von Alter oder Beeinträchtigung, ist Voraussetzung für die Entwicklung barrierefreier Zahlungslösungen und eines kundenorientierten Bankerlebnisses.
  3. Barrierefreies Bezahlen zu priorisieren, kann sich positiv auf den zukünftigen Erfolg von Banken auswirken, weil es Innovationen fördert und das Markenimage stärkt.
  1. European Accessibility Act, European Commission, 2019

  2. Web Content Accessibility Guidelines, W3C, 2023

  3. Building for accessibility, Google, 2023

  4. The Accessibility Discovery Centre is open for collaboration, Google, 2022

  5. How fintech can boost access for the older generation, Raconteur, 2022

  6. Leaving No One Behind In An Ageing World, World Social Report, UN, 2023

  7. Magnitude and Projections: Projected Change in Vision Loss 2020 to 2050, Vision Atlas, 2020

  8. The Business Case for Digital Accessibility, W3C WAI, 2018

Veröffentlicht: 05.12.2023

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