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Phygital Banking – die Zukunft hat begonnen

Feature

Unser Bezahlverhalten für Produkte und Dienstleistungen hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Ob bar oder mit Karte, per Handy oder mit digitalen Währungen – noch nie hatten Verbraucherinnen und Verbraucher so viel Auswahl wie heute. Nun wird das phygitale Banking immer wichtiger. Das bringt für traditionelle Banken neue Herausforderungen mit sich und es stellt sich die Frage, ob sie darauf vorbereitet sind.

Der Anstieg digitaler Zahlungsmethoden, insbesondere durch Mobile Wallets und Peer-to-Peer-Zahlungen (P2P), hat die Abwicklung von Transaktionen grundlegend verändert. Das Spektrum reicht von physischen bis zu innovativen digitalen Bezahlverfahren. Da Technologie eine immer größere Rolle in unserem Leben spielt, verschwimmen die Grenzen zwischen physischer und digitaler Welt zusehends. Dies führt in vielen Alltagsbereichen zu immer neuen phygitalen Angeboten.

Stellen Sie sich folgende Szene vor: Ein junges Paar betritt am Wochenende einen modernen Supermarkt, in der Hand das Smartphone. In der Obst- und Gemüseabteilung scannen die beiden den QR-Code für eine exotische Frucht und können so auf der Website des Supermarkts Informationen, Preis und Rezeptvorschläge finden. Die in die Supermarkt-App integrierte Augmented-Reality-Anwendung (AR) führt sie vor Ort direkt zu den Artikeln auf ihrer Einkaufsliste und erspart langes Suchen. Über dieselbe App können die beiden auch personalisierte digitale Coupons einlösen, die auf die Einkaufshistorie des Paares zugeschnitten sind, und so ihre Ausgaben senken. An der Kasse bezahlen sie ihre Waren mit einem Fingertipp auf die Smartphone-Wallet, die mit ihrer physischen Zahlkarte verknüpft ist – und noch bevor der Einkauf eingetütet ist, landet der Kassenbon als digitale Quittung in ihrem E-Mail-Postfach.

Diese nahtlose Vernetzung von digitaler und physischer Welt beim alltäglichen Einkauf ist ein Beispiel für die jüngsten Entwicklungen im Banken- und Finanzsektor auf dem Weg zum Phygital Banking. Allerdings stehen die traditionellen Banken hier noch vor großen Herausforderungen. Dazu gehören unter anderem die Anpassung bestehender Systeme an die schnelllebige digitale Umgebung, die Gewährleistung von Datensicherheit und Datenschutz in einer stärker vernetzten Welt sowie die Erfüllung der sich ständig ändernden Kundenerwartungen.

Phygitale Lösungen bieten zahlreiche Serviceleistungen und somit ein umfassendes und nahtloses Kundenerlebnis. Dies geschieht immer dann, wenn der leicht verständliche und vertraute Umgang mit digitalen Anwendungen auf schnelle und effiziente digitale Angebote trifft. Die heutigen Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen sich Dienstleistungen, die auf ihre individuellen Bedürfnisse und ihren Lebensstil zugeschnitten sind. Hyperpersonalisierung und innovative phygitale Services ermöglichen dies, beispielsweise durch eine personalisierte Bankberatung auf Basis der Transaktionshistorie.

Digitale Zahlungen mit Mobile Wallets
Digitale Zahlungen, haben die Art und Weise verändert, wie wir Transaktionen durchführen.

Physisch vs. digital: das Beste aus beiden Welten

Neobanken haben das Verhalten und die Erwartungen ihrer Kundinnen und Kunden verändert. Mit neuen digitalen Modellen haben sie das Bankgeschäft und den Zahlungsverkehr fundamental umgestaltet.

Laut einer Studie von KPMG geben Banken bis zu 75 Prozent ihres Technologie-Etats für die Wartung und das Patchen von 20 Jahre alten sogenannten Legacy-Systemen aus, was zu einem Rückgang der Rentabilität geführt hat1. Derartige Defizite bremsen die Banken aus und erschweren es ihnen, die Nachfrage nach phygitalen Zahlungen zu befriedigen.

Man könnte meinen, dass physische Bankenfilialen und digitale Angebote miteinander konkurrieren – doch weit gefehlt. Im Jahr 2021 stellte McKinsey fest, dass die Zahl der Bankfilialen in den Industrieländern zwar um neun Prozent zurückgegangen ist, die Geschäftstätigkeit in diesen Zweigstellen im gleichen Zeitraum aber um 20 Prozent zugenommen hat2. Zweifellos hat das physische Bankgeschäft auch in einer zunehmend digitalen Welt seine Berechtigung.

Das sehen auch die Neobanken so und erkennen den Wert physischer Dienstleistungen – und umgekehrt bieten die großen Banken immer mehr digitale Dienstleistungen. 80 Prozent der im Rahmen des „GlobalData Banking Survey“ befragten Neobanken sind sich bewusst, wie wichtig die physische Präsenz für die Bekanntheit und das Vertrauen der Kundinnen und Kunden ist. Aus diesem Grund bieten viele rein digitale Anbieter weiterhin physische Karten an3. Einige eröffnen sogar Filialen, um ihr digitales Angebot zu ergänzen4.

Letztendlich wollen die Kundinnen und Kunden das Beste aus beiden Welten. Den „goldenen Mittelweg“, bei dem das Digitale und das Physische miteinander verschmelzen und ein phygitales Erlebnis schaffen. Ihn zu finden, ist die Aufgabe der Banken, wenn sie heute und in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben wollen.

Kundenbedürfnisse verstehen

Jeder Kunde hat andere Bedürfnisse und Erwartungen an seine Bankgeschäfte und Zahlungsmöglichkeiten. Ebenso wichtig ist es für Banken zu verstehen, dass „digital first“ nicht bedeutet, ausschließlich digital zu arbeiten. Während sich „Digital Natives“ aufgrund der Bequemlichkeit zu App-basiertem Banking hingezogen fühlen, schätzen andere die Sicherheit der physischen Filialen, insbesondere wenn es um wichtige finanzielle Transaktionen geht. Abgesehen davon, haben beide Formen des Bankgeschäfts ihre Berechtigung, denn nur so kann sichergestellt werden, dass tatsächlich alle Kundinnen und Kunden am Bankgeschäft teilhaben können.

Überholt erscheint auch die Beurteilung der Kundinnen und Kunden nach Alter oder Generation. Viele ältere Kundinnen und Kunden sind inzwischen mit Online-Banking und dem Bezahlen von Einkäufen mit dem Smartphone vertraut, während Kundinnen und Kunden der Generation Z und der Millennials sich zunehmend in Bankfilialen beraten lassen – vor allem, wenn die digitalen Angebote nicht ausreichen5.

Deshalb entzieht sich das Bankgeschäft solchen Stereotypen. Phygital bietet Banken die Möglichkeit, all diese Bedürfnisse zu erfüllen – und viele nutzen das bereits.

Kombination digitaler Dienstleistungen mit physischer Interaktion im Bankgeschäft.
Die Kombination digitaler Dienstleistungen mit physischen Interaktionen führt zu umfassenderen und nahtloseren Erfahrungen im Bankgeschäft.

Phygitale Bezahlmöglichkeiten in der Praxis

Das beste Beispiel dafür ist die Bezahlkarte. Obwohl derzeit viele innovative Zahlungsmethoden entwickelt werden, erfreuen sich Bezahlkarten bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern weiterhin großer Beliebtheit. Sie stehen nicht in Konkurrenz zu digitalen Lösungen, sondern ergänzen diese und sorgen so für ein nahtloses phygitales Kundenerlebnis.

Es geht nicht mehr nur darum, beliebte Funktionen wie digitale Wallets anzubieten, die mit physischen Karten verknüpft und durch biometrische Merkmale geschützt sind. Der gesamte Prozess, vom Erwerb über die Ausgabe bis hin zur Aktivierung und Nutzung einer Bezahlkarte, ist nun digital. Kundinnen und Kunden können sofort nach der Beantragung einer neuen Karte damit einkaufen – auch wenn sie die physische Karte zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Händen halten. Sie können sich die neue Karte auch an einem Selbstbedienungsterminal ausdrucken – das führt Kundinnen und Kunden in die Filiale und stärkt die Markenbindung.

Schnittstellen zur Anwendungsprogrammierung (APIs) sind dabei von zentraler Bedeutung, um diese phygitalen Interaktionen zu gewährleisten. Sie optimieren die Integration digitaler und physischer Bankleistungen und schaffen ein einheitliches Kundenerlebnis.

Eine weitere interessante Entwicklung, die „Phygital“ in der Praxis beschreibt, zeigt sich in der Gaming-Szene. Prepaid- oder Kreditkarten, die bei jüngeren Spielerinnen und Spielern sehr beliebt sind, erlauben einen verantwortungsvollen Umgang mit den Kosten für Spiele und digitale Inhalte. Sowohl PlayStation als auch Xbox haben inzwischen Kreditkarten für erwachsene Spieler herausgebracht, deren attraktive Anmeldeprämien und Treuepunkte gegen Spiele, Gadgets und Merchandise eingelöst werden können. Diese Karten können mit den Lieblingsspielen personalisiert und zur sofortigen Verwendung in digitale Wallets integriert werden.

Neben der bequemen digitalen Bezahlung machen sich diese Karten auch die Sammlerkultur der Spielerinnen und Spieler zunutze, indem sie die Markenbindung stärken und das Bewusstsein dafür schärfen, dass „digital first“ auch bei jüngeren Generationen nicht ausschließlich digital bedeutet.

Phygital ist gekommen, um zu bleiben

Phygital ist eine Entwicklung, die bleiben und mit dem Heranwachsen zukünftiger Generationen weiter an Bedeutung gewinnen wird. Die Wünsche und Vorlieben der Verbraucherinnen und Verbraucher gestalten sich immer individueller und vielfältiger. Die einzige Möglichkeit, ihnen gerecht zu werden, besteht darin, so viele physische und digitale Berührungspunkte wie möglich zu schaffen, um ein nahtloses phygitales Bankerlebnis zu ermöglichen.

Key Takeaways

  1. Die phygitale Zukunft ist da und bereits dabei, den Zahlungsverkehr zu verändern.
  2. Phygital ist der Schlüssel zu einem nahtlosen Zahlungserlebnis, das den Bedürfnissen aller Kundinnen und Kunden gerecht wird.
  3. Banken, die noch nicht auf Phygital umgestellt haben, sollten dies zügig tun, um den Anschluss nicht zu verlieren.
     
  1. European banks’ profitability: plus ça change?, KPMG Europe, 2021

  2. Best of both worlds: Balancing digital and physical channels in retail banking, Mckinsey & Company, 2022

  3. Banking Survey, GlobalData, 2021

  4. Exploring Fintech’s Next Frontier – Physical Branches, Finextra, 2023

  5. New Study: Gen Z And Millennials Use Bank Branches Because Of A Poor Digital Experience, Forbes, 2021

Veröffentlicht: 15.02.2024

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