Nahaufnahme einer Banknote mit einem Schmetterling
#G+D World

Einblicke in die Kunst des Banknoten-Designs

Interview
4 Min.

Wir haben ein Gespräch mit Marc Mittelstaedt, Head of Design, Banknote Solutions, G+D, und Banknoten-Designerin Annette Wüst geführt. Das Thema: Wie werden Banknoten gestaltet, die mit Sicherheits-Features gespickt sind und die gleichzeitig auch die Geschichte und die Kultur eines Landes erzählen? Und warum ist Banknoten-Designer/Banknoten-Designerin ein so spannender und zugleich herausfordernder Beruf? 

Sie beide haben viel Erfahrung beim Banknoten-Design. Können Sie einige der Trends und Themen beschreiben, die Sie aktuell auf dem Gebiet sehen?

Design-Arbeitstisch von Annette Wüst
Annette Wüst, Banknoten-Designerin

Annette: Wir haben das Glück, mit den Zentralbanken vieler unterschiedlicher Länder weltweit zu arbeiten. Dadurch erhalten wir eine gute Vorstellung davon, was für sie relevant ist – etwa kulturell, historisch und ökologisch. Diese Kernthemen möchten die Zentralbanken auf ihren Banknoten wiederfinden.

Beispielsweise sind Motive aus der Tier- und Pflanzenwelt beliebt in afrikanischen Ländern, filigran ausgearbeitete islamische oder florale Muster eher im Mittleren Osten. In Skandinavien werden grafische Designs und klare, eindeutige Gestaltungselemente bevorzugt. Andere Staaten fokussieren sich stärker auf ihre Geschichte. Wir decken also ein breites Spektrum an Themen ab.

Gleichwohl arbeiten wir mit jedem Kunden individuell zusammen, um ein maßgeschneidertes Produkt zu entwerfen. Man kann also nicht sagen, dass es dabei irgendeine „Regel“ gibt: Jede Banknote erzählt ihre eigene Geschichte und wir stellen sicher, dass jede Geschichte einzigartig für das jeweilige Land ist.

Sind die Design-Themen im Lauf der Zeit gleich geblieben?

Annette: Keineswegs. Durch technische Entwicklungen gibt es zahlreiche neue Design-Optionen und sie haben den Prozess zugleich komplexer gemacht. Das Gestalten ist zwar technisch anspruchsvoller, aber ästhetisch auch sehr viel ansprechender.

Es gibt noch weitere Trends wie etwa die Größe von Porträts auf den Banknoten. Zudem sehen wir weitere Themen aufkommen, beispielsweise Bildung, Kultur, Umwelt und Energie. Manche Länder haben sogar mit dem Format experimentiert – und ein Quer- gegen ein Hochformat eingetauscht.

Porträt Marc Mittelstaedt
Marc Mittelstaedt, Head of Design

Marc: Technologie hat die Art und Weise, wie Banknoten entworfen werden, grundlegend verändert. Früher waren sehr feine Linienarbeiten (Guilloche) in Illustrationen ein Sicherheitsmerkmal von Geldscheinen. Dies lässt sich immer noch im klassischen Banknoten-Design, wie etwa beim US-Dollar, sehen. Andere Länder sind zu unterschiedlichen Designs mit anderen Strukturen übergegangen und es gab zahlreiche Innovationen bei neuen Sicherheitsmerkmalen.

Im Lauf der Jahrzehnte sind Banknoten physisch kleiner geworden und sie enthalten jetzt üblicherweise ein Sicherheitsfenster. 3-D-Features und visuell dynamische Elemente sind ebenfalls weit verbreitet.

Banknoten beinhalten drei verschiedene Sicherheitslevel: Features, die mit dem bloßen Auge sichtbar sind; Features, die sich mit technischen Hilfsmitteln erkennen lassen, beispielsweise mit ultraviolettem Licht, und Sicherheitsmerkmale, die nur die Zentralbanken kennen. Als Designer arbeiten wir visuell auf den ersten beiden Leveln.

Dabei verbinden wir diese Sicherheitsmerkmale mit dem Design und erschaffen so ein integriertes Ganzes. Für einen Geldschein mit einem Architekturthema können wir beispielsweise das transparente Sicherheitsfenster in die Darstellung eines Gebäudefensters einfügen. Bilder, die auf der Banknote erscheinen, werden auch häufig, entweder ganz oder teilweise, im Sicherheitsfaden des Scheins wiederholt, aber in kleinerem Maßstab.

Warum ist Banknoten-Designerin/Banknoten-Designer ein so spannender Beruf?

Marc: Das spezielle Format bringt echte Design-Herausforderungen mit sich, mit denen man umgehen muss. Banknoten sind nicht nur relativ klein, man muss auch aufgrund der Sicherheitsmerkmale und der Banknoten-Herstellung innerhalb strikter technischer Parameter arbeiten. Außerdem muss man etwas gestalten, das beim automatischen Zählen und zur Betrugserkennung verlässlich von Maschinen gelesen werden kann. Man muss wirklich sehr detailliert auf einer kleinen „Leinwand“ arbeiten, um das alles zusammenzubringen – Millimeter für Millimeter.

Annette: Zusätzlich zu diesen Herausforderungen möchten wir eine Geschichte über die Kultur, die Historie oder die Fauna und Flora des jeweiligen Landes erzählen. Daher muss man intensiv zu den vielfältigen Aspekten eines Landes recherchieren, die das Banknoten-Design inspirieren können. Es ist wirklich wichtig, diese Inspiration optimal umzusetzen, da die Noten, die wir gestalten, mindestens zehn oder 15 Jahre lang im Umlauf sein können.

Wie gehen Sie diese Herausforderungen an?

Marc: Wir haben klar strukturierte Prozesse bei der Entwicklung, mit unterschiedlichen Stufen für die eher klassischen Design-Elemente und für die Verfeinerung des Designs aufgrund von Sicherheits- oder Produktionsanforderungen.

Annette: Selbst auf der rein künstlerischen Ebene entwickeln wir die Konzepte immer mit einem tiefgehenden Verständnis für die technischen Anforderungen. Dabei berücksichtigen wir auch, dass die Banknote, die dabei entsteht, in sehr großen Stückzahlen hergestellt werden kann.

Marc: Aus diesem Grund ist diese Aufgabe meiner Meinung nach interessant für Menschen, die sich zugleich für Design und für technische Aspekte begeistern. Wir stellen sicher, dass sich die Konzepte tatsächlich in die Produktion übersetzen lassen, bevor wir sie dem Kunden vorlegen. Andernfalls kann es zu großen Problemen am Ende der Produktionskette kommen.

In vielerlei Hinsicht hat das zahlreiche Gemeinsamkeiten mit der Arbeit als Industrie-Designer. Man muss die unterschiedlichen Anforderungen des Kunden ausbalancieren – Substratproduktion, Maschinenlesbarkeit und Druck zum Beispiel – und trotzdem ein schönes Design erschaffen, das eine Geschichte erzählt.

Die Leserinnen und Leser von G+D Spotlight wird interessieren, wie Sie beide zum Banknoten-Design gekommen sind, da das nicht unbedingt ein naheliegender Karriereweg für Designerinnen und Designer ist.

Annette: Es ist ein ungewöhnlicher Beruf, zu dem mehr als ein Weg führt. Denn man kann nicht auf die Hochschule gehen und sich zum Banknoten-Designer ausbilden lassen; man muss viel über Erfahrungen lernen. Ich war ursprünglich mal an Schneiderei und Mode-Design interessiert, später bin ich zu Druck- und Produkt-Design gewechselt, was dann – vor vielen Jahren – zu einer Stelle bei G+D führte.

Marc: Ich kann Annette nur beipflichten: Diesen Job kann man nicht lernen, indem man einen Kurs belegt. Mein Karriereweg begann mit einem Design- und Bildhauerei-Studium an der Universität Augsburg und in Barcelona, bevor ich als Leiter der Design-Abteilung bei einer Agentur gearbeitet habe.

Seit zehn Jahren bin ich bei G+D – und finde diese Aufgaben heute immer noch so spannend wie bei meinem Einstieg.

Wie wird sich Banknoten-Design Ihrer Meinung nach in Zukunft verändern?

Marc: Eine Sache, die man mit Sicherheit vorhersagen kann, ist ein ständiger Wandel und Fortschritt, weil immer neue Sicherheitsmerkmale entwickelt und in das Design integriert werden. Auch die Werkzeuge, die beim Design-Prozess zum Einsatz kommen, entwickeln sich weiter. Während das Design in der Vergangenheit vollständig auf dem Papier ausgeführt wurde, sind jetzt Computer zentral für den Prozess.

Design-Arbeitstisch von Annette Wüst
Der Arbeitsbereich von Annette Wüst

Annette: Es wird auch weitere Veränderungen bei der Art und Weise geben, wie wir mit Kunden arbeiten. Es gab hier schon bedeutende Entwicklungen im Laufe der Jahre, wobei der Trend zunehmend in Richtung immer engerer Zusammenarbeit und iterativer Design-Prozesse geht. Das gilt nicht nur für das Banknoten-Design und es ist eine wirklich effiziente und angenehme Art der Zusammenarbeit.

Veröffentlicht: 27.01.2023

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