Computersimulierte Darstellung verschiedener Formen und Linien zur Veranschaulichung von Datenströmen
 
#Tech Innovation

Wie die DLT-Technologie ganze Industrien von Grund auf neu gestalten wird

Globale Trends
7 Min.

Die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) ist eine spezielle Form der elektronischen Datenverarbeitung und -speicherung. Als Distributed Ledger wird eine dezentrale, unveränderliche Datenbankarchitektur bezeichnet, die mittels Kryptografie Vertrauen schafft. Dabei bietet DLT allen Netzwerkteilnehmerinnen und -teilnehmern höchste Transparenz und minimiert zugleich das Risiko von Schwachstellen. Dieser Paradigmenwechsel beim Daten- und Vertrauensmanagement bildet das Rückgrat für eine neue Form der Prozesseffizienz und ermöglicht völlig neue Geschäftsmodelle.

Blockchain, als bekanntestes Beispiel für Distributed-Ledger-Technologien (DLT), ist den meisten als Technik hinter Kryptowährungen wie Bitcoin ein Begriff. Ihre Anwendungsbereiche gehen jedoch weit darüber hinaus. DLT wird bereits heute in zahlreichen Branchen eingesetzt, vom Immobilienmanagement bis hin zu Ausweisdokumenten, vom Finanzsektor bis hin zum Supply Chain Management.

Portrait of Robert Heinze, G+D Director Technology & Innovation Management
Robert Heinze, G+D Director Technology & Innovation Management

Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Sicherheitstechnologien, die für die Gesellschaft wichtig sind, und sind daher für alle Schlüsselmärkte von G+D relevant: Payment, Connectivity, Identity und Digital Infrastructures. In einem eigens eingerichteten DLT-Kompetenzzentrum bündelt G+D bereichsübergreifendes Know-how. Robert Heinze, G+D Director Technology & Innovation Management, erklärt: „Wir bringen interne sowie externe Sicherheits- und DLT-Expertinnen und -Experten zusammen, um uns über entscheidende strategische Erkenntnisse auszutauschen und gemeinsam die vielversprechendsten Anwendungsfälle zu diskutieren und zu bewerten.“

In welchen Geschäftsbereichen macht sich DLT bemerkbar?

Es gibt kaum eine Branche, in der DLT keine Rolle spielt, was vor allem an folgenden vier Faktoren liegt: der zunehmenden Tokenisierung von Assets (Tokenisierung von allem), Instant Payments sowie kosteneffizienten Transaktionen mit einer geringeren Anzahl von Zwischenhändlern und starken Konsensmechanismen.

Die Tokenisierung von Assets bildet die Grundlage, um völlig neue Anlageklassen zu schaffen. Denn durch die Tokenisierung lassen sich auch aktuell nicht digitale Vermögenswerte, wie Oldtimer, Sammlerstücke und Immobilien, als digitale Anlageprodukte abbilden. Dies ermöglicht eine hohe Beweglichkeit, einen effizienten Handel und eine einfache Übertragung.

Die Zahl der IoT-Geräte wird sich zwischen 2018 und 2023 verdreifachen und auf 43 Milliarden ansteigen1, was eine Transformation der Produktion zur Folge haben wird. DLT hat das Potenzial, diese noch weiter zu revolutionieren. Smart Contracts auf DLT-Basis können Prozesse automatisieren und so die Maschinenautonomie erhöhen, von der Überwachung und Optimierung bis hin zu selbstständig agierenden Maschinen mit wirtschaftlicher Unabhängigkeit, die beispielsweise ihre Transaktionen eigenständig zertifizieren und den Vertragspartner verifizieren können.

 

Portrait von David Weinberg, DLT-Experte bei G+D
David Weinberg, G+D Senior Manager Corporate Development & Strategy

Darüber hinaus ermöglicht DLT internationale Zahlungen in Echtzeit, was sich positiv auf den Liquiditätsfluss auswirkt und die Effizienz steigert.

David Weinberg, G+D Senior Manager Corporate Development & Strategy, kommentierte: „Distributed-Ledger-Technologie hat das Potenzial, kosteneffiziente Sofort-Transaktionen zu ermöglichen und Vertrauen in einer Umgebung zu schaffen, in der es an Vertrauen mangelt. Dieser wichtige Vorteil kann den Übergang hin zu einer Ära der „Machine Economy“ vorantreiben. Dafür sind jedoch authentifizierte Sensordaten, vertrauenswürdige Maschinenidentitäten und der Zugang zu Zahlungsdiensten erforderlich – und hier kommt G+D ins Spiel.“

Viele Geschäftsbereiche können von einer erhöhten Maschinenautonomie profitieren. „Die DLT verleiht Maschinen Autonomie, damit sie in der „Machine Economy“ interagieren können. Nehmen wir das Elektroauto als Beispiel: Basierend auf Rahmenkriterien, könnte ein Elektrofahrzeug den Energieverbrauch eigenständig optimieren. Es könnte über seine eigenen Speicherkapazitäten verfügen, um Spitzenbelastungen des Stromnetzes auszugleichen – sei es als Energielieferant für einen Haushalt oder als optionale Batterie am Netz.

„Es gibt eine Vielzahl von Anwendungsfällen, in denen Geräte ihre Assets selbstständig als wirtschaftlichen Wert in hochkonnektiven und intelligenten Ökosystemen verwalten“, so David Weinberg.

Und schließlich wirkt sich DLT nicht nur auf Unternehmen aus. Die Technologie macht sich auch im Alltag von Verbraucherinnen und Verbrauchern bemerkbar, zum Beispiel im Hinblick auf digitale Identitäten. Heutzutage wird unsere digitale Identität größtenteils über Zertifikate in unseren Webbrowsern verwaltet und kontrolliert oder von regulierten „Know-Your-Customer“ (KYC) Vertrauensdienstleistern, wie Kreditkartensystemen oder Banken abgeleitet.

„Im heutigen digitalen Zeitalter sollte eine digitale Identität idealerweise die folgenden Schlüsseleigenschaften aufweisen: Sie muss von kommerziellen Dienstleistern unabhängig, vollkommen in der Kontrolle der Benutzerin bzw. des Benutzers sein, den höchsten Vertrauens- und Datenschutzstandards entsprechen und flächendeckend über Silos von Organisationen hinweg akzeptiert sein. DLT wird hier als ein vielversprechendes Werkzeug im Aufbau eines solchen Ökosystems der selbstsouveränen Identitäten angesehen“, fügt Robert Heinze hinzu. In Kanada, Deutschland und Singapur werden bereits die ersten dezentralen Identitätslösungen entwickelt.

“Mit DLT lässt sich Bekanntes transformieren oder etwas völlig Neues entwickeln. Kaum eine andere Technologie hatte bisher das Potenzial, so viele Bereiche unseres Lebens zu beeinflussen.“
David Weinberg
G+D Senior Manager Corporate Development & Strategy

Der Zeitgeist der Dezentralisierung

Was steckt hinter dem Trend der Dezentralisierung? Einer der Gründe für das wachsende Interesse an DLT bestehe darin, dass die Technologie dem Zeitgeist entspreche, erklärt David Weinberg. „Der Trend hin zur Dezentralisierung ist auch unabhängig von DLT zu einer kulturellen Antriebskraft geworden. Nehmen wir die Reiseplanung als Beispiel: Während früher eine Reise vollständig in einem Reisebüro gebucht wurde, setzt sich die Reiseplanung heute aus einer Vielzahl von Microservices zusammen, bei denen Verbraucherinnen und Verbraucher Flug und Hotel oft separat auf verschiedenen Kanälen und bei verschiedenen Anbietern kaufen. Kaufentscheidungen werden also nicht länger auf Basis von traditionellem Markenvertrauen getroffen, sondern müssen vor allem dem eigenen Wertesystem entsprechen.“ Im Jahr 2018 haben die Vereinten Nationen ein White Paper veröffentlicht, in dem es um das transformative Potenzial der Blockchain-Technologie und die Dezentralisierung in verschiedenen Aspekten unseres Lebens ging.2 Demzufolge sind wir zu unseren eigenen Entscheidungsinstanzen geworden.

Für Robert Heinze hängt dies nicht nur mit einem kulturellen Wandel hin zur Dezentralisierung zusammen, sondern auch mit einer praktischen Überlegung: „Unsere Welt hat sich zu einem hochkomplexen Ökosystem entwickelt. Um uns darin zurechtzufinden, nutzen wir Dezentralisierung als Werkzeug der Wahl. Beispiele dafür lassen sich in vielen Bereichen finden. Sei es in der Konzeption von Organisationsstrukturen und Managementprozessen, sei es im Aufbau komplexer/hybrider Cloud-Infrastrukturen. Alle Konzepte zielen darauf ab, den Datendurchsatz zu optimieren, die Latenz zu reduzieren und somit die Netzwerkleistung zu verbessern. Durch Dezentralisierung müssen wir nicht die gesamte Komplexität auf einmal bewältigen.“

 

Herausforderungen und Chancen

Portrait von Andreas Barthelmes, Associate bei G+D Ventures
Andreas Barthelmes, Associate bei G+D Ventures

Andreas Barthelmes, Associate bei G+D Ventures, sieht beim Thema DLT sowohl Risiken als auch Chancen. „Banken könnten beispielsweise sogenannte Decentralized Finance (DeFi)-Lösungen Sorgen bereiten. Dabei handelt es sich um DLT-basierte Ökosysteme, die Finanzdienstleistungen verschiedenster Art anbieten, die einen Großteil des heutigen Leistungsversprechens von Banken umfassen. Gleichzeitig eröffnet die Technologie aber auch neue Chancen, um in dem Bereich aktiv zu werden, zum Beispiel als vertrauenswürdiges Bindeglied zwischen Endkunden und der DeFi-Welt. Zahlreiche etablierte Unternehmen zeigen Interesse daran, in das Krypto-Universum vorzustoßen. Bei Aufsichtsbehörden wie der BaFin gehen derzeit viele Anträge auf Krypto-Lizenzen (z. B. für die Verwahrung digitaler Assets) ein.“ Als Experte im Start-up-Ökosystem weist er auf ein bekanntes Dilemma hin: „Neue Geschäftsmodelle unterliegen zahlreichen Änderungen und Anpassungen, bis sie schließlich vom breiteren Markt angenommen werden. Geschäftsmodelle im Zusammenhang mit DeFi werden sich vor diesem Hintergrund vermutlich ändern. Für bestehende Akteure wird es aber mit Sicherheit noch viel Raum geben.“

Der Blick in die Zukunft

Eines ist sicher: DLT wird die Art und Weise künftiger Wertschöpfungsketten und Ökosysteme verändern. Trotz der transformativen Eigenschaft der Technologie bleiben Herausforderungen bestehen. Daten innerhalb des DLT-Netzwerks sind unveränderlich, aber sobald externe Daten verwendet werden, treten Herausforderungen auf.

„Unveränderlichkeit ist eben nur ein Teil von Integrität. Während Daten innerhalb des Netzwerks auf einem manipulationssicheren Governance-Framework basieren, lassen sich die eingegebenen externen Daten nur schwer validieren. Dies wird auch als Orakel-Problem bezeichnet. Das Authentifizierungs- und Signaturportfolio von G+D könnte hier einen unmittelbaren Mehrwert für das Ökosystem liefern“, so Robert Heinze.

DLT hat zwar noch einen weiten Weg vor sich, aber sie eröffnet schon jetzt enorme Möglichkeiten, durch weitreichende Tokenisierung, kostengünstige Transaktionen in Echtzeit mit höchster Transparenz sowie die Reduzierung zentraler Fehler- oder Angriffsquellen. DLT steckt derzeit noch in den Kinderschuhen, wird aber in den kommenden Jahren einen erheblichen Beitrag zu den globalen Digitalisierungsstrategien von Unternehmen und Ländern leisten.

  1. Growing opportunities in the Internet of Things, McKinsey, 2019

  2. The Future is Decentralised, United Nations, 2018

Veröffentlicht: 04.01.2022

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